Trendwende bei der ambulanten Notfallversorgung

Immer weniger Patienten gehen zur Notaufnahme in die Kliniken

pr/pm
Praxis
Der Trend zur verstärkten Nutzung des ambulanten Bereitschaftsdienstes wächst: Immer weniger Patienten suchen bei akuten Beschwerden zuerst die Notfallaufnahme von Krankenhäusern auf.

Die Zahl der ambulant oder stationär behandelten Notfallpatienten in Deutschlands Krankenhäusern geht seit 2016 zurück. Das ergab eine neue Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

Rückgang der ambulant im Krankenhaus behandelten Notfälle

Das Zi spricht von einer Trendumkehr: Bis 2019 ist die Gesamtzahl der Notfallbehandlungen dort um rund 265.000 Fälle auf 19 Millionen Fälle gesunken. Grund ist der Rückgang der ambulant im Krankenhaus behandelten Notfälle. Waren es 2016 noch 10,67 Millionen Behandlungsfälle, ist diese Zahl bis 2019 auf 10,27 Millionen zurückgegangen, heißt es in der Untersuchung.

Gleichzeitig stiegen die durch niedergelassene Haus- und Fachärztinnen und -ärzte behandelten ambulanten Notfälle von 8,76 Millionen im Jahr 2016 auf 9,05 Millionen Fälle in 2018 um rund 290.000 Fälle an. 2019 sank diese Zahl dann wieder leicht nach unten auf insgesamt 8,82 Millionen Behandlungsfälle.

Auch der Wegfall der Praxisgebühr hatte Folgen

Die Gesamtzahl ambulanter Notfälle in Krankenhäusern und im ärztlichen Bereitschaftsdienst ist von 18,3 Millionen Fällen in 2009 auf 19,5 Millionen Fälle in 2018 stufenförmig angestiegen, vor allem nachdem 2012 die Praxisgebühr gestrichen wurde. Von 2018 auf 2019 haben die Gesamtfallzahlen dann auf 19 Millionen ambulante Notfälle pro Jahr nachgegeben.

Das Pandemiejahr 2020 hat hier ebenfalls Auswirkungen gezeigt. So ist in den ersten drei Quartalen 2020 ein Rückgang an ambulanten Notfällen von minus 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten. Demgegenüber ist die Anzahl stationärer Notfälle von 2009 bis 2019 kontinuierlich von 6,6 auf 8,7 Millionen Fälle gestiegen.

Für das Zi zeigt sich hier eine Wende bei der Inanspruchnahme der Notfallversorgung in Deutschland - und zwar weg von den Notfallambulanzen im Krankenhaus und hin zum ärztlichen Bereitschaftsdienst. Insgesamt könnte die Nutzung der derzeitigen Notfallversorgungstrukturen im Abschwung sein, vermuten die Autoren der Studie.

Die Nummer 116117 wurde mit der Pandemie bekannt

Dieser durchgreifende Wandel scheine aber in der gesundheitspolitischen Diskussion noch nicht recht zur Kenntnis genommen worden zu sein. Noch immer basierten zahlreiche politische Diskussionsbeiträge auf der Annahme, immer mehr Versicherte würden selbständig die Notaufnahmen der Kliniken aufsuchen. Diese Annahme sei so nicht mehr richtig.

Das Zi verweist in seiner Studie auch auf den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Die Servicenummer 116117 der KVen konnte zwischen 2016 und 2019 eine deutliche Zunahme (mehr als 25 Prozent) von Anrufen verzeichnen.

Richtig bekannt geworden sei die 116117 pandemiebedingt aber erst im vergangenen Jahr, in dem auch ein Strukturiertes medizinisches Ersteinschätzungsverfahren (SmED) zur telefonischen Beurteilung von Akutfällen flächendeckend eingesetzt worden sei.

Insgesamt, so das ZI, seien von den KVen rund 830 Bereitschaftspraxen eingerichtet worden, von denen rund 660 am Krankenhaus oder in unmittelbarer Krankenhausnähe angesiedelt seien. Dies entspreche einer Bereitschaftspraxis an mehr als der Hälfte (58 Prozent) der an der gestuften Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhäuser.

Das Zi hat seine Beobachtungsstudie auf Basis der bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten und der DRG-Statistik durchgeführt.

Dr. Sandra Mangiapane, Thomas Czihal, Dr. Dominik von Stillfried, Entwicklung der ambulanten Notfallversorgung in Deutschland von 2009 bis 2020, Zi-Paper 16/2021

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