Implantate bei Risikopatienten
"In der Implantologie vollzieht sich gerade ein Paradigmenwechsel", sagte Kongresspräsident Prof. Knut A. Grötz im Vorfeld. Noch vor wenigen Jahren rieten die Autoren in Lehrbüchern eher von einem Implantat ab, wenn Patienten an der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus, an Osteoporose oder schweren Herz-Kreislauferkrankungen litten. Grötz: "Dies hat sich geändert. Entsprechend steigt die Zahl der Patienten, die von Implantaten profitieren."
Bei einem gut eingestellten Diabetes-Patienten, der seine Erkrankung unter Kontrolle hat und auf eine gute Mundhygiene achtet, spreche nichts mehr gegen Zahnimplantate. "Allerdings sind ausgeprägte Entzündungsprozesse oder die Auswirkungen eines metabolischen Syndroms auf die Blutgefäße bei Diabetikern relevante Risikofaktoren. Dies gilt auch für verschiedene medikamentöse Therapien, wie etwa eine Behandlung mit Antiresorptiva", sagte Grötz.
Die personalisierte Implantologie beginne bei Risikopatienten bereits bei der Auswahl des Implantatsystems und bei der Planung des Eingriffs. "Wenn beispielsweise ein Patient mit Antiresorptiva behandelt wird und ein Implantat bekommen soll, profitiert er von einem vorgeschnittenen Gewinde. Bei Patienten mit einer Parodontitis in der Vorgeschichte geben Experten einem Implantat den Vorzug, dessen Schulter sich auf der Ebene des Weichgewebes endet", erläuterte Grötz.
Keine Sofortimplantation bei Patienten mit gestörtem Knochenstoffwechsel
Bei Patienten mit gestörtem Knochenstoffwechsel sei eine Sofortimplantation nicht angezeigt. In diesen Fällen warte Grötz vier Monate lang nach der Zahnextraktion ab, wie gut sich im Zahnfach der Knochen regeneriert. "Ich sage den Patienten, dass ich erst dann überhaupt beurteilen kann, ob ein Implantat möglich ist." Viele moderne Verfahren, die mittlerweile die Implantattherapie verkürzen oder komplexe Therapien erlauben, seien bei diesen Risikopatienten keine gute Wahl.
Leiden Patienten an Mundschleimhauterkrankungen, müssten auch zahlreiche medizinische Aspekte beachtet werden. Bei bestimmten Erkrankungen, etwa dem Sjögren-Syndrom, einer Autoimmunerkrankung, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen sogar die Kosten einer Implantatbehandlung. In anderen Fällen gilt es zu beachten, dass eine Erkrankung der Mundschleimhaut eine Periimplantitis begünstigen kann.
Zahnärzte und Ärzte müssen bei Risikopatienten enger kooperieren
Nicht einfach sei auch die Therapieentscheidung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und anderen rheumatischen Erkrankungen. "Bei diesen entzündlichen Erkrankungen gibt es eine wechselseitige Beziehung zur Parodontitis und es werden häufig Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem unterdrücken", erläuterte Grötz. Klare Empfehlungen gebe es in diesem Bereich daher nicht, sondern nur den Rat, die Indikation sehr streng zu stellen.
"Durch die Behandlung von Risikopatienten müssen Zahnmedizin und Medizin sehr eng kooperieren", ergänzte Co-Präsident Prof. Bilal Al-Nawas. Dies habe auch Konsequenzen für den Bereich der Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Implantologie.
Al-Nawas: "Die rasante technische Entwicklung des Fachgebiets und anspruchsvolle medizinische Therapiekonzepte erfordern eine qualifizierende und zertifizierte Fortbildung, die diese Entwicklungen berücksichtigt, um die Qualität der Implantattherapie zu sichern."
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Knut A. Grötz ist Direktor der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und MIG-Chirurgie Burgstraße. Er ist Vizepräsident der DGI und damit Präsident elect ab Dezember 2018.
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Bilal Al-Nawas ist Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz. Er ist Mitglied im Vorstand der DGI und Schriftführer der Gesellschaft
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