Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein

iMVZ: Gemeinsame Initiative im Bundesrat erhöht Druck auf Ampel-Koalition

nb
Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wollen Medizinische Versorgungszentren (MVZ) stärker regulieren. So sollen Monopolstellungen einzelner Träger verhindert und eine am Patientenwohl orientierte ambulante Versorgung gestärkt werden.

Dazu haben die drei Länder unter bayerischer Federführung eine gemeinsame Bundesratsinitiative entworfen. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, ein MVZ-Regulierungsgesetz zu schaffen. Die Ministerräte in München und Mainz sowie das Kabinett in Kiel gaben am Dienstag grünes Licht für den Vorstoß.

„Wir werden unsere Initiative am kommenden Freitag in Berlin in den Bundesrat einbringen“, kündigt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) an. „Damit fordern wir die Bundesregierung mit Nachdruck zum Handeln auf, denn mehrere Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz aus den Jahren 2020 bis 2022, die bereits diverse Transparenz- und Regulierungsmaßnahmen zum Gegenstand hatten, hat die Bundesregierung bislang leider nicht umgesetzt.“

Eine stärkere Regulierung sei dringend geboten, so Holetschek. Aufgrund des rasanten Wachstums bei den MVZ befürchte man zunehmende Konzentrationen und in einzelnen Regionen Abhängigkeiten von nur einem Leistungsanbieter. Allein in Bayern sei die Zahl der MVZ seit deren Einführung 2004 von 9 auf 938 im August 2022 „explodiert“. Rund 20 Prozent davon sind laut Holetschek in der Trägerschaft privater Krankenhäuser, über welche Finanzinvestoren oft ihre MVZ betreiben. „Zudem beobachten wir, dass gerade die Investoren ihre MVZ vor allem in Ballungsgebiete verlagern, wo sie sich mehr Gewinn versprechen als auf dem Land“, erläutert der Politiker. „All dies gefährdet eine flächendeckende und vielfältige ambulante ärztliche Versorgung und muss verhindert werden.“

„Eine dominierende Marktmacht von bestimmten MVZ-Trägern muss verhindert werden“

„Patienten müssen wissen, dass sich hinter einem MVZ und deren ärztlicher Leitung als Eigentümer tatsächlich Finanzinvestoren verbergen, auch, um eine informierte, freie Entscheidung für eine Arzt- oder Zahnarztwahl treffen zu können“, ergänzt der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch. „Bei investorengeführten Praxen kann darüber hinaus die Gefahr drohen, dass ein besonderer Fokus auf teurere Diagnose- und Behandlungsformen gelegt wird und damit die medizinische Grundversorgung nur an zweiter Stelle kommt. Uns ist wichtig, eine dominierende Marktmacht von bestimmten MVZ-Trägern durch regulierende Vorgaben zu verhindern. Es ist daher absolut notwendig, dass mit diesem Antrag eine gesetzliche Regulierung von investorengestützten MVZ endlich in greifbare Nähe rückt. Das schützt die Patientinnen und Patienten und sichert die Qualität bei der medizinischen Versorgung.“

Mit diesen Maßnahmen sollen iMVZ stärker reguliert werden

Die Gesundheitsministerkonferenz hatte Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein am 27. März beauftragt, den sogenannten Entschließungsantrag für ein MVZ-Regulierungsgesetz in den Bundesrat einzubringen. Zuvor hatte Bayern bereits eine Arbeitsgruppe der Länder zu dem Thema geleitet und Lösungsvorschläge erarbeitet, die nun Grundlage der Initiative sind:

  • Die Schaffung eines bundesweiten MVZ-Registers und einer Kennzeichnungspflicht für Träger und Betreiber auf dem Praxisschild, da die realen Besitzverhältnisse meist nicht ersichtlich sind, vor allem nicht für die Patienten vor Ort.

  • Maßnahmen zur Begrenzung von Konzentrationsprozessen und Monopolisierungstendenzen: So sollen Krankenhäuser künftig nur in einem Umkreis bis zu 50 Kilometer von ihrem Sitz ein MVZ gründen können. Auch wird die Einführung von Höchstversorgungsanteilen für Haus- und Fachärzte vorgesehen – sowohl bezogen auf die arztgruppenbezogenen Planungsbereiche als auch auf den gesamten Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen.

  • Zudem enthält die Bundesratsinitiative Regelungen, um die Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung im MVZ vor dem Einfluss von Kapitalinteressen zu schützen, beispielsweise durch einen besonderen Abberufungs- und Kündigungsschutz für die ärztliche Leitung und Vorgaben zu deren Mindesttätigkeitsumfang.

„MVZ können einen wertvollen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung leisten. Die Bundesregierung muss die Rahmenbedingungen aber so anpassen, dass eine Trägervielfalt bei den MVZ erhalten bleibt und die ärztliche Unabhängigkeit immer gewahrt bleibt“, betont Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken. „Zudem darf der Einstieg von Investoren nicht dazu führen, dass junge Ärztinnen und Ärzte, die sich selbstständig machen wollen, im Wettbewerb um Kassenarztsitze ausgebootet werden. Wirtschaftliche Interessen müssen im Einklang mit der Versorgungssicherheit und einer guten medizinischen Behandlung der Patientinnen und Patienten stehen können. Damit das gelingt, sind Anpassungen des gesetzlichen Rahmens und mehr Transparenz notwendig, die die Bundesregierung nun endlich einleiten muss.“

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.