Ist man ohne Intraoralscanner von gestern?
Wöstmann gab in seinem Vortrag „Abformungen: digital oder analog?“ einen Überblick über den aktuellen Stand und praktische Hinweise zur Anwendung für das gesamte Praxisteam. In Deutschland sind Wöstmann zufolge acht bis zehn Prozent der Zahnarztpraxen bereits im Besitz eines Intraoralscanners, in den USA fünf bis zehn und in Europa rund fünf Prozent.
Ist man also ohne Intraoralscanner von gestern? Perspektivisch werde jedenfalls der Zeitpunkt kommen, an dem die konventionelle Abformung nicht mehr stattfindet, prophezeite Wöstmann. Allerdings werde das noch eine Weile dauern: Nach einer prognostizierten, jährlichen Wachstumsrate von rund sieben Prozent wären im Jahr 2040 zwei Drittel der deutschen Praxen mit Intraoralscannern ausgestattet. Selbst bei einer doppelt so hohen Wachstumsrate würde es immerhin noch zehn Jahre dauern, bis jede Praxis in Deutschland einen Scanner habe.
Was die Fehleranfälligkeit der konventionellen Abformung betrifft: Gerade Löffeldeformation oder falsche Löffelauswahl, Gipsexpansion, sowie Verdrängungseffekte bei der Korrekturabformung können Wöstmann zufolge die Genauigkeit beeinträchtigen. Auch bei der Lagerung kann es bekanntermaßen zu Veränderungen kommen. Merke: Abdrücke sollten zeitnah ausgegossen werden.
Je länger Scanpfad, desto größer die Fehler
Ist nun aber die digitale Abformung genauer? Das komme darauf an, wie viel Fläche digital abgeformt wird, aber auch die Software sei entscheidend für die Qualität der Abformung. Man könne also grob sagen: "Je länger der Scanpfad ist, desto größer werden die Fehler." Grund hierfür sei das sogenannte „Matching“, also das Zusammenführen einzelner Scans zu einem Gesamtbild.
Besonders kleine, festsitzende Restaurationen seien deshalb besonders geeignet für die digitale Abformung. Für kleinere Arbeiten seien digitale Abformungen bereits sehr präzise und mit analogen vergleichbar – dies gelte auch für den Scan eines einzelnen Quadranten. Laut Wöstmann gibt es aber für große Restaurationen kaum Evidenz. Digitale Funktionsabformungen seien derzeit nicht möglich. Auch bei vielen fehlenden Zähne werde die digitale Abformung zunehmend ungenauer.
Nie mehr Fläche scannen als man wirklich braucht
Seine Tipps zur Optimierung des Scannens: Zunächst sollte man nie mehr Fläche scannen als man wirklich braucht. Dabei könne man idealerweise okklusal im Prämolaren-/ Molarenbereich beginnen. Nachdem die Kauflächen gescannt wurden, sollte man nach oral kippen und die Innenflächen scannen. Dabei sei es wichtig, dass das Gerät so gehalten wird, dass immer ein Teil der Okklusalflächen mitgescannt wird, weil dies das Matching verbessert. Zum Schluss mache man dann die Außenflächen. Im Oberkiefer seien die Ergebnisse meist etwas besser, weil dort nicht so viel bewegliche Schleimhaut vorhanden ist wie im Unterkiefer.
Die Anforderungen an digitale Abformungen seien ähnlich wie die an analoge Abformungen, sagte Wöstmann. Auch hier müsse eine Retraktion erfolgen – am besten sogar mit einer zwei-Faden-Technik. Eine relative Trockenlegung gelinge mit Drytips besser als mit Watterollen, weil diese keine Fusseln verlieren. Ein Holzspatel zum Abhalten sei aufgrund fehlender Reflexionen geeigneter als ein Spiegel. Ein Optragate mache das Arbeiten einfacher, während Vaseline vermieden werden sollte, da sie den Scanner verschmieren könnte.
Im Ausblick sieht Wöstmann für Intraoralsscanner insbesondere in der Telemedizin Potenzial. Hier könnten Praxispersonal oder Pflegekräfte bei immobilen PatientInnen einen Intraoralscan durchführen, der im Anschluss von einer Zahnärztin oder Zahnarzt im Sinne einer ersten Triage begutachtet wird. Anhand der Bilder könnte ein akuter Behandlungsbedarf eingeschätzt und das weitere Vorgehen geplant werden. Neben dem Situationsscan könne auch der Zahnersatz digital erfasst werden. All dies sei aber zum jetzigen Zeitpunkt noch „Zukunftsmusik“. Wöstmann: „Die Zukunft der Zahnmedizin ist aber ohne Zweifel digital!"