Jede vierte Gesundheitsfachkraft ist körperlicher Gewalt ausgesetzt
Das ergab eine aktuelle Erhebung des Instituts YouGov im Auftrag des Ärzteportals Doctolib. Dafür wurden mehr als tausend Ärzte, Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte befragt.
Demnach berichteten 75 Prozent der befragten Gesundheitsfachkräfte, im vergangenen Jahr mindestens einmal mit Gewalt oder Konfliktsituationen konfrontiert gewesen zu sein, 85 Prozent von ihnen sogar mehrfach. Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) erlebten demnach verbale Aggressionen und Beleidigungen durch Patienten oder Angehörige, 38 Prozent Bedrohungen. Jede vierte Fachkraft war sogar körperlicher Gewalt ausgesetzt (24 Prozent).
Gravierende psychische Folgen
Der Erhebung zufolge sind die psychischen Folgen gravierend: Zwei Drittel (67 Prozent) berichteten demnach von Wut über fehlenden Respekt. Männer entwickeln zudem noch häufiger Angst und Unsicherheit am Arbeitsplatz als Frauen (39 Prozent beziehungsweise 35 Prozent) und erwägen einen Jobwechsel (27 beziehungsweise 21 Prozent).
Als „besonders alarmierend in Zeiten des Fachkräftemangels“ werteten es die Autoren der Studie, dass nach Gewalterfahrungen die Zweifel an der Berufswahl wachsen – bei jüngeren Beschäftigten (25 bis 34 Jahre) mit 32 Prozent doppelt so häufig wie bei älteren Kolleginnen und Kollegen ab 55 Jahren mit 16 Prozent.
Ursachen sind Halbwissen und lange Wartezeiten
46 Prozent der Befragten machten für die Übergriffe „Halbwissen der Menschen, die ihre Erwartungen nicht bestätigt sehen“ verantwortlich, 42 Prozent lange Wartezeiten. In Arztpraxen dominierten als vermutete Ursachen organisatorische Faktoren wie Wartezeiten (51 Prozent) und Terminprobleme (47 Prozent), in Kliniken stand die „Überforderung mit der Krankheit/Verletzung“ im Vordergrund (45 Prozent).
Die Bundesregierung hat bereits ein neues Gesetz angekündigt, um Gesundheitsfachkräfte besser vor Gewalt zu schützen. Die geplante Gesetzesverschärfung fand in der Erhebung Zustimmung bei etwa zwei Drittel der Befragten. Konkret forderten die Befragten aber auch mehr Sicherheitspersonal in Gesundheitseinrichtungen (47 Prozent), Aufklärungskampagnen für Patienten über respektvolles Verhalten (46 Prozent) und psychologische Betreuung nach Gewalterfahrungen (46 Prozent).