Roland Berger Krankenhausstudie 2023

Jede zweite Klinik schreibt rote Zahlen

pr
Mehr als die Hälfte der deutschen Krankenhäuser schreibt Verluste. Vor allem Klinken in öffentlicher Hand sind betroffen. Die Klinikfinanzen spitzen sich weiter zu, heißt es in einer neuen Krankenhausstudie.

Befragt wurden für die „Krankenhausstudie 2023“ der Unternehmensberatung Roland Berger 600 Verantwortliche in Kliniken. Hatte laut letztjähriger Studie noch rund ein Drittel der Teilnehmenden für ihre Häuser im Jahr 2021 einen Verlust angegeben, stieg der Anteil im Jahr 2022 der neuen Befragung zufolge auf mehr als die Hälfte (51 Prozent). Besonders häufig betroffen waren mit 63 Prozent Kliniken in öffentlicher Trägerschaft. Über alle Träger betrachtet erzielte nur noch knapp jede vierte Klinik im vergangenen Jahr ein positives Jahresergebnis. Betroffen seien sowohl kleine und mittelgroße als auch große Krankenhäuser, heißt es in der Studie. Dabei mussten im Vergleich zu 2021 erstmals auch kleine Häuser mehrheitlich ein Defizit verbuchen.

Zu den wichtigsten Ursachen für die angespannte finanzielle Lage zählen der Personalmangel, insbesondere bei den Pflegekräften, sowie Unsicherheiten bei der Finanzierung, inflationsbedingt steigende Preise und ein zunehmender Investitionsstau in vielen Einrichtungen.

Nur 3 Prozent der Befragten hoffen auf die Krankenhausreform

Mit Blick auf die zu erwartende Krankenhausreform zeigen sich die die Erwartungen der Verantwortlichen hinsichtlich kurzfristiger Entlastungen als nicht besonders groß: So rechnen nur drei Prozent damit, dass sich die wirtschaftliche Situation ihres Hauses durch die Reform bis 2024 verbessern wird. Erst ab 2028 rechnen die Verantwortlichen mit Entlastungseffekten durch den Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft, aber auch durch Effizienzgewinne im Zuge der Digitalisierung, etwa durch digitale Patientenakten, E-Rezepte oder die verstärkte Nutzung von telemedizinischen Angeboten.

Wie aus der Befragung weiter hervorgeht, erwarten die befragten Klinikleitungen, dass die Zahl der Kliniken in Deutschland künftig deutlich sinken wird. Gab es 2021 noch knapp 1.900 Krankenhäuser, erwarten 51 Prozent der Teilnehmenden für 2033 nur noch höchstens 1.250. Das entspreche einem Rückgang von 34 Prozent. Dass die Klinikanzahl auf weniger als 1.000 Häuser schrumpft, erwarteten 13 Prozent der Befragten. Dies wäre ein Rückgang von 47 Prozent und „damit faktisch das Aus für fast jedes zweite Krankenhaus“, heißt es. Mit dem größten Rückgang werde in den Jahren 2028 bis 2033 gerechnet.

Roland Berger sieht Krankenhäuser vor einer „Herkulesaufgabe“

Als Ursache für den prognostizierten Abbau hat die Studie insbesondere die fortschreitende Ambulantisierung ausgemacht, also die Verschiebung von bisher stationär erbrachten Leistungen in eine zunehmend ambulante Versorgung.

Wichtig sei ein grundlegendes Umdenken, dabei stünden die Krankenhäuser vor einer „Herkulesaufgabe“, heißt es weiter. Es gelte, den Wandel zu gestalten. Fusionen und Übernahmen würden nach Einschätzung der Befragten zunehmen. Strategische Priorität müssten deshalb Kooperationen mit anderen Leistungserbringenden haben, um am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Die ambulante Leistungserbringung würde in allen Versorgungsstufen an Wichtigkeit gewinnen.

Offen bleibt, wie groß der Effekt von KI und Telemedizin ist

Neben dem Ausbau von Krankenhausambulanzen über Ermächtigungen und Ambulante Spezialärztliche Versorgung (ASV) setzen die Verantwortlichen auf den Kauf von Praxen und Kassensitzen sowie die Einrichtung ambulanter OP-Praxen, Hochschulambulanzen, medizinische Versorgungszentren oder integrierte Gesundheitszentren. Die Schließung von defizitären Fachabteilungen gehöre dazu.

Auch Künstliche Intelligenz (KI) und Telemedizin verändere den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Und die Digitalisierung im Krankenhaus könne Prozesse optimieren. Dem Fachkräftemangel solle mit nicht-finanziellen Anreizen (Work-Life-Balance) und dem Ausbau des Ausbildungssystems begegnet werden.

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