Käßmann mahnt zu Werteorientierung
Die christlichen Gebote wie Barmherzigkeit, Nächstenliebe oder die Ablehnung von Neid, Unrecht und Gewalt bieten auch heute eine Orientierung, auf die man sich unabhängig vom jeweiligen Glauben oder säkularer Grundhaltung verständigen muss, meinte die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche vor den Standesvertretern der Deutschen Zahnärzteschaft.
Gottesdienst toppt Fußballstadion
Dass diese Werte nach wie vor Halt gegen die zunehmende Verunsicherung in der Bevölkerung finden, verdeutlichte Käßmann anhand eines Beispiels: "Fünf Millionen Menschen besuchen jeden Sonntag einen Gottesdienst, aber nur 700.000 ein Fußballstadion."
Mit Blick auf die demografische Entwicklung forderte sie Respekt vor alten und behinderten Menschen, gerade auch in der Gesundheitsversorgung: "Wie wir mit den Alten umgehen, ist eine Frage unseres Menschenbildes", mahnte Käßmann.
Ethik des Genug
Sie verlangte eine Abkehr der "Geiz ist geil"-Mentalität hin zu einer humanen Bescheidenheit, einer "Ethik des Genug". Die ehemalige Bischöfin warnte davor, dass der Gesellschaft ein "kollektiver Burnout" drohe, weil sie nicht mehr zur Ruhe komme.
Für das Gesundheitswesen, das auf Barmherzigkeit beruhen müsse, forderte Käßmann "eine gute Ausstattung". In der medizinischen Versorgung zähle nicht nur die Bilanz. Allerdings werde der Staat nicht alles leisten können. Er sei auf einen vernünftigen gesellschaftlichen Kreislauf des "Gebens und Nehmens" der Menschen untereinander angewiesen.
Die Karnevalisierung der Gesellschaft
Käßmann appellierte an die Gesellschaft, sich der Werteorientierung endlich zu stellen. Der fortlaufenden "Karnevalisierung unserer Gesellschaft" stellte sie eine Erörterung der Sinnfragen entgegen.
Abschließend erinnerte die Kirchenbotschafterin vor den Interessenvertretern der Zahnärzte daran, dass auch die Gesellschaft den Heilberufen mit Respekt begegnen müsse: "Ehre den Arzt mit gebührender Verehrung, damit Du ihn hast, wenn Du ihn brauchst", zitierte die Ethikerin die Bibel.