Klimawandel geht auch Ärzte an
Wie der Lancet-Bericht zeigt, hatten die Rekordsommer der letzten Jahre teils gravierende Auswirkungen. So ist etwa die mit Hitze verbundene Mortalität bei Menschen über 65 Jahren in den letzten 20 Jahren um 53,7 Prozent gestiegen. Die drittmeisten Hitzetoten in dieser Altersgruppe hatte dabei im Jahr 2018 Deutschland zu verzeichnen - nach China und Indien. Insgesamt starben 2018 weltweit 296.000 Menschen durch extreme Hitze.
Lancet Countdown 2020
Lancet Countdown 2020
Laut Bericht nehmen die Gesundheitsrisiken durch ein sich veränderndes Klima weltweit zu, auch in Deutschland. Gegenmaßnahmen seien jedoch möglich. Bei der Bekämpfung der Folgen seien auch die Gesundheitsberufe und der Public Health Sektor in der Verantwortung. Der internationale Bericht wird begleitet von einem wissenschaftlichen Politikpapier (Policy Brief) für Deutschland, an dem auch die Bundesärztekammer (BÄK) mitgewirkt hat.
Die Bundesärztekammer sieht sich in der Pflicht
Im Papier weisen die Autoren darauf hin, dass die Corona-Pandemie die medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen einer globalen gesundheitlichen Krise deutlich vor Augen geführt habe. Die Krise zeige aber auch, wie wichtig weltweite wissenschaftliche Zusammenarbeit und entschlossenes politisches Handeln bei der Krisenbewältigung sind. Daraus lasse sich viel für die Bekämpfung des Klimawandels lernen.
Die BÄK sieht sich hier in der Pflicht: „Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten ist es, die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels darzulegen und Gegenmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit nicht nur zu fordern, sondern aktiv zu unterstützen, “ ist Dr. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, überzeugt. „Dafür leistet der Deutschland-Bericht des Lancet-Countdown mit zahlreichen Empfehlungen für die Politik einen wichtigen Beitrag.“
Bei den Initiativen zur Stärkung und zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Pandemie sollten Synergieeffekte für den Klimaschutz genutzt werden. Vier Empfehlungen aus dem Politikpapier spielen dabei eine besondere Rolle:
Als Antwort auf die COVID-19-Pandemie sollten Maßnahmen umgesetzt werden, die das Klima stabilisieren, die Gesundheit schützen und eine nachhaltige Wirtschaft fördern. Deshalb sollten bei Initiativen zur Stärkung und zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie Synergieeffekte für den Klimaschutz genutzt werden.
Ernährungsempfehlungen und Maßnahmen sollten umgesetzt werden, die für eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise werben und sie unterstützen. Die Nahrungsmittelproduktion ist laut dem Papier für etwa ein Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – wichtigster Faktor sei hierbei die Tierhaltung. Gleichzeitig habe unsere Art der Ernährung, mit einem großen Anteil tierischer und hoch verarbeiteter Lebensmittel, großen Anteil an chronischen und lebensbedrohenden Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden, Rheuma und Krebs.
Lebensräume sollten geschaffen werden, die einen aktiven, nicht-motorisierten Transport begünstigen und andere Arten von körperlicher Bewegung auf allen Ebenen fördern.
Das enorme Potenzial der Städte, den notwendigen transformativen Wandel zu Nachhaltigkeit voranzutreiben, sollte wirksam eingesetzt werden. Lokale und kommunale Maßnahmen könnten diese Räume so transformieren, dass sie die Gesundheit fördern, während sie gleichzeitig die soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung vorantreiben.
„Ziele zu formulieren, reicht nicht aus – wir müssen handeln, jetzt!“, betonte Dr. Martin Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) und Mitautor des Berichts. „Bei den Gesundheitsberufen ist die Dringlichkeit des Themas angekommen. Auch Politik und Gesellschaft haben durch die Pandemie erkannt, wie dramatisch sich die Welt verändern kann.“
Auf dem Deutschen Ärztetag vom 4. bis 7. Mai 2021 in Rostock wird der Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit einen Schwerpunkt darstellen.
Daten aus dem Lancet-Bericht
Daten aus dem Lancet-Bericht