Krankenhaus-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)

Kliniknovelle könnte auch Personalprobleme lösen

pr
Die geplante Klinikreform kann dazu beitragen, Personalprobleme in den Krankenhäusern zu lösen. Das zeigt der aktuelle WIdO-Report. Durch mehr Ambulantisierung könne mehr Gesundheitspersonal gewonnen werden.

Die von der Ampel-Regierung geplante Krankenhausreform könnte erheblich dazu beitragen, die Personalprobleme in den deutschen Kliniken in den Griff zu bekommen. Ohne die Reform drohe sich die schwierige Personalsituation in den Krankenhäusern in den kommenden Jahren weiter zu verschärfen, so ein Ergebnis des neuen Krankenhausreports „Personal“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Die geplante Verlagerung von Krankenhausbehandlungen in den ambulanten Bereich und die Konzentration von Klinikleistungen auf weniger Standorte können auch wichtige Beiträge zur Lösung der Personalprobleme sein.

Prof. Dr. Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen und Mitherausgeber des mehr als 450 Seiten starken Krankenhaus-Reports, erläuterte gestern vor der Presse die Ergebnisse. Bei Menschen, die weniger als vier Tage stationär behandelt würden, gebe es ein großes Potenzial für vermeidbare Krankenhaustage und damit auch für eine Entlastung des Personals in den Kliniken, erklärte er. Allein die 30 häufigsten operativen Eingriffe mit einem geringen medizinischen Schweregrad würden etwa vier Prozent aller Pflegetage im Krankenhaus ausmachen. Wenn man das gesamte Potenzial „ambulantisierbarer“ Operationen und Behandlungen betrachte, könnten noch wesentlich mehr Krankenhaustage vermieden werden, analysierte Wasem weiter.

„In Frankreich werden weniger als halb so viele Notfalle stationär aufgenommen“

Auch die geplante Reform der Notfallversorgung eröffne laut Wasem Chancen für eine personelle Entlastung. So würden in Deutschland etwa 50 Prozent der Notfälle stationär aufgenommen, während es in den Niederlanden nur 32 und in Frankreich 22 Prozent seien.

Wie aus dem Report weiter hervorgeht, ist die Zahl der beschäftigten Ärztinnen und Ärzte sowie der Pflegekräfte in den vergangenen Jahren in Deutschland zwar kontinuierlich gestiegen. Im internationalen Vergleich jedoch versorge das Personal in deutschen Kliniken im Durchschnitt mehr Fälle als die Beschäftigten in anderen Ländern. Der internationale Mittelwert habe dem Report zufolge 2019 bei rund 12 Ärztinnen und Ärzten sowie 27 Pflegekräften pro 1.000 Krankenhaus-Fälle gelegen. In Deutschland liege er mit etwa acht Ärztinnen und Ärzten und knapp 19 Pflegekräften pro 1.000 Fällen deutlich unter diesem Wert.

Demografischer Wandel erhöht die Zahl der Behandlungsfälle weiter

Für Wasem zeigt sich, dass es in Deutschland zu wenig Personal für die hohe Zahl von Krankenhausfällen in Deutschland gibt. Durch den Einbruch der Krankenhaus-Fallzahlen in der Corona-Pandemie seien in den Jahren 2020 und 2021 zwar wieder mehr Ärzte und Pflegekräfte pro Fall zu verzeichnen. Allerdings habe es gerade in der Omikron-Welle auch viele COVID-Infektionen der Beschäftigten gegeben, die diesen Effekt vermutlich wieder zunichtegemacht hätten, sagte Wasem.

Trends wie die demografische Entwicklung, die zu einer steigenden Inanspruchnahme der Krankenhäuser führen werde, würden die Entwicklung noch verschärfen, heißt es im dem WIdO-Report weiter. Das zeigten auch vorläufige Daten des Statistischen Bundesamtes zum Rückgang bei der Zahl der Pflege-Azubis und die hohen Ausstiegsraten bei den Berufen im Krankenhaus. So seien etwa nach 20 Jahren nur noch 60 Prozent der Krankenschwestern und Krankenpfleger in ihrem angestammten Beruf tätig. Bei den Hilfskräften habe sogar mehr als die Hälfte nach zwei Jahren den erlernten Beruf gewechselt. Viele Kliniken hätten große Probleme, Beschäftigte zu finden.

AOK fordert Zuweisung von Leistungsgruppen an Krankenhäuser

Der Report zeigt auch Lösungswege auf, um die Attraktivität der Krankenhäuser als Arbeitgeber zu steigern. Dazu gehören etwa bessere Angebote zur Vereinbarung von Familie und Beruf sowie die Umsetzung von Konzepten für ein innovatives Personalmanagement. Die geplanten Reformen im Krankenhausbereich könnten dazu führen, dass große und personell gut ausgestattete Krankenhäuser entstehen, die auch flexibler auf punktuelle Engpässe reagieren könnten – zum Beispiel durch Einrichtung von Personalpools über die Fachabteilungen hinweg, so der Vorschlag.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, wies bei der Vorstellung des Reports darauf hin, dass die Verbesserung der Behandlungsqualität für die Patienten das zentrale Ziel der Krankenhausreform bleiben müsse. Ihrer Auffassung nach sollte bei der Novelle mit der Zuweisung von Leistungsgruppen an die Krankenhäuser begonnen werden, betonte sie. Das sei aus Sicht der AOK das „Herzstück“ der Reform. Reimann: „Eine gut aufgestellte Krankenhaus-Landschaft sorgt auch dafür, dass die vorhandenen Personalressourcen sinnvoller als bisher eingesetzt werden und dass sich dadurch die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten nachhaltig verbessern.“

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