Krank zur Prüfung? Besser nicht!
"Versäumt es ein Prüfling, obwohl er von einer bei ihm bestehenden Krankheit Kenntnis hat, sich vor Antritt der Prüfung bei seinem Arzt über mögliche Leistungsbeeinträchtigungen durch diese zu informieren, trägt er jedenfalls dann das Risiko seiner Prüfungsunfähigkeit, wenn er die Leistungsbeeinträchtigung erst nach Bekanntwerden des Prüfungsergebnisses geltend macht." So urteilte jüngst der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Im vorliegenden Fall hatte eine Pharmazie-Studentin vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage eingereicht, um eine Prüfung im Grundstudium neu bewerten zu lassen. Die Studentin, die seit dem Wintersemester 2013/2014 im Studienfach Pharmazie immatrikuliert ist, erhielt Mitte 2015 den Bescheid über ihr endgültiges Nichtbestehen des Pharmaziestudiums.
Daraufhin wollte sie die Klausur „Allgemeine und analytische Chemie der anorganischen Arznei-, Hilfs- und Schadstoffe“ aus dem Grundstudium der Pharmazie neu bewerten lassen, weil sie aufgrund einer Erkrankung Medikamente hätte nehmen müssen, die über einen längeren Zeitraum erheblichen Einfluss auf ihre Konzentrationsfähigkeit gehabt hätten.
Das Bayerische Verwaltungsgericht in Ansbach hatte die Klage mit Urteil vom 20. April 2017 abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgt nun den Gründen des angefochtenen Urteils.
"Ein Prüfling muss seine Leistungsunfähigkeit während der Prüfung unverzüglich geltend machen"
So heißt es in der Urteilsbegründung vom 16. Januar 2018: "Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z.B. BayVGH, Beschluss vom 14.1.2014 – 7 ZB 13.2389) davon ausgegangen, dass ein Prüfling die von ihm nicht zu vertretenden und seine Leistungsfähigkeit während der Prüfung erheblich vermindernden Umstände substantiiert und zeitnah ('unverzüglich') geltend zu machen hat."
Dies gelte insbesondere auch für den Prüfling, der an der Prüfung teilnimmt und die Mitteilung der Prüfungsergebnisse abwartet, um anschließend geltend zu machen, während der Prüfung aus Krankheitsgründen (unerkannt) in der Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen zu sein. Da die Studentin "in Kenntnis ihres Krankheitszustandes an der Prüfung teilgenommen habe", urteilten die Richter, "sei ein Rücktritt der Klägerin damit ausgeschlossen".
Die Studentin hatte argumentiert, dass sie die genauen Auswirkungen ihrer Erkrankung nicht gekannt habe und nicht habe wissen können, dass die Medikamenteneinstellung über einen längeren Zeitraum erheblichen Einfluss auf ihre Konzentrationsfähigkeit habe. Diesen Einwand ließen die Richter jedoch nicht geltend: "Dies zugrunde gelegt, nahm die Klägerin bewusst das Risiko auf sich, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht bzw. nicht in vollem Umfang leistungsfähig zu sein", heißt es in der Urteilsbegründung.
Und weiter: "Dass es der Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht möglich gewesen sein soll, diesen zutreffend einzuschätzen, wird dem widersprechend und darüber hinaus erst nach Ablauf der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags vorgetragen."
Der Prüfling trägt die Verantwortung
Abgesehen davon sei für die Feststellung der Prüfungs(un)fähigkeit in erster Linie der Prüfling selbst verantwortlich (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.1983 – 7 C 95.82). Er habe sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt ist, und er habe daraus unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, die Konsequenzen zu ziehen und den Rücktritt von der Prüfung zu erklären.
Ansosnten trägt er "dann das Risiko seiner Prüfungsunfähigkeit, wenn er die Leistungsbeeinträchtigung erst nach Bekanntwerden des Prüfungsergebnisses geltend macht", urteilten die Richter.
VGH BayernAz.: 7 ZB 17.1464Urteil vom 16.1.2018
Vorinstanz:
VG AnsbachAz.: AN 2 K 15.1511Urteil vom 20.4.2017