Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa)

Lactobazillus hilft beim Wundverschluss

mg
Medizin
Schweizer Forschende haben ein Verbandsmaterial entwickelt, dass mithilfe von probiotischen Laktobazillen die Heilung chronischer keimbelasteter Wunden fördert.

Die Prävalenz von chronische Wunden, die also innerhalb von drei Monaten nicht heilen, wird in den entwickelten Ländern auf etwa 1 bis 2 Prozent geschätzt, schreiben die Forschenden. Mit dem zunehmenden Alter der Bevölkerungen werde dieser Wert wahrscheinlich zunehmen. Ein Team der Ein Team der Schweizer Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, USA, entwickelt derzeit einen Wundverband, der mithilfe von probiotischen Bakterien die Wundheilung verbessert. Einen Proof of concept haben die Forschenden kürzlich im Fachmagazin Microbes and Infection publiziert.

Das Team um Qun Ren und Zhihao Li vom Biointerfaces-Labor in St. Gallen nutzte für den neuen Verband lebende Milchsäurebakterien. „Die Laktobazillen sind bioverträglich und erzeugen ein saures Milieu durch die Produktion von Milchsäure“, sagt der Mediziner Zhihao Li, der als Gastwissenschaftler die klinische Expertise im Projekt beisteuerte. Dadurch solle der ungünstige, basische pH-Wert in chronischen Wunden in die saure Richtung gedrängt werden. „In unseren Laborexperimenten konnten die Bakterien einen stark sauren pH-Wert von 4 im Kulturmedium erzeugen“, berichtet Teamleiterin Qun Ren. Dank der Milchsäureproduktion konnten unter Laborbedingungen zudem zur Wundheilung beitragende Zellen angelockt werden.

Bio-Verband verminderte die Zahl der Krankheitskeime um 99,999 Prozent

Integriert wurden die Nützlinge schließlich in eine Wundauflage, die chronische Wunden vor weiteren Infektionen schützt. Damit wurde gleichzeitig ermöglicht, dass die lebenden Laktobazillen in geschütztem Umfeld Milchsäure produzieren konnten. Der Verband gab wie erwünscht das saure Produkt kontrolliert und stetig in die Umgebung ab. In Labortests konnte das Material mit integrierten Milchsäurebakterien einen typischen Biofilm aus Erregern in einer Kulturschale komplett zerstören.

In kleinen Gewebeproben erzeugten die Forschenden künstliche Wunden von zwei Millimetern Länge und ließen einen Biofilm mit dem Wundkeim Pseudomonas aeruginosa heranwachsen. In diesem dreidimensionalen Modell einer menschlichen Hautwunde sollte sich die Probiotika-Wundauflage beweisen. Und tatsächlich verminderte der Bio-Verband die Zahl der Krankheitskeime um 99,999 Prozent. Zudem konnten die Forschenden nachweisen, dass die Probiotika gut verträglich für menschliche Hautzellen sind und gleichzeitig die Produktion von Botenstoffen des Immunsystems auslösen. Nach diesem Proof of Concept sollen weitere Analysen zum Wirkmechanismus helfen, das Potenzial der Nützlinge aus der Bakterienwelt für künftiges Wundheilungsmaterial zu nutzen.

Zhihao Li et al., Topical application of Lactobacilli successfully eradicates Pseudomonas aeruginosa biofilms and promotes wound healing in chronic wounds,Microbes and Infection, 2023, 105176, ISSN 1286-4579, https://doi.org/10.1016/j.micinf.2023.105176

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