Lärm am Stuhl

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Praxis
Heute ist der Welttag des Hörens. Wie steht es eigentlich um den Lärm am Stuhl und was kann der Zahnarzt vorbeugend dagegen tun?

Das Wort "Lärm" ging aus Alarm hervor, das wiederum auf das italienischeall'arme„zu den Waffen“ zurückzuführen ist. Heute gilt der Begriff Lärm als Synonym für jedes unerwünschte laute Geräusch. Laut ist es in vielen Berufen - auch in der Zahnarztpraxis. Rankings zufolge liegen der Zahnarzt und seine Mitarbeiter an Position sieben der durch Lärm gefährdeten Berufe (90 Dezibel). Vor ihm liegen  nur - erwartbare - Branchen wie die Flugzeugabfertigung (140 Dezibel, Platz 1), Straßenbau (120 Dezibel, Platz 2), oder der Barkeeper (110 Dezibel, Platz 3).

Am Zahnarztstuhl kann es lauter werden als in der Kita

Das ist vielleicht überraschend: Schule und Kita findet man mit 85 Dezibel erst auf Platz 8. In der Zahnarztpraxis fallen dagegen aufgrund der erhöhten Schallbelastung durch Absauggeräte und Bohrer täglich unmittelbar neben den Gerätschaften etwa 90 Dezibel an. Dieser Lärm kann auf Dauer zu einer Beeinträchtigung der Hörfähigkeit führen. Grundsätzlich liegt der Grenzwert in Bezug auf den Lärmexpositionspegel in Deutschland bei 85 Dezibel.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit weist darauf hin, dass alle Schallereignisse als Lärm bezeichnet werden können, die das menschliche Wohlbefinden beeinträchtigen können: Lärm ist subjektiv geprägt. Messtechnisch zugänglich ist nur das (physikalisch beschreibbare) Geräusch. Fest steht: Starke Lärmeinwirkungen oder dauerhafter Lärm können krank machen und die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen.

Besonders der Absauger geht auf die Ohren

Auch die Frequenz spielt eine Rolle: Zahnärztliche Turbinen produzieren unangenehme hochfrequente Geräusche, von denen angenommen wird, dass sie das Gehör schädigen können. Daher gibt es immer wieder Anzeigen beziehungsweise Feststellungsverfahren wegen des Verdachts einer beruflichen Lärmschwerhörigkeit. Ob beim Zahnarzt oder beim Zahntechniker die Gefahr einer lärmbedingten Gehörschädigung besteht, wurde in drei Kölner Zahnarztpraxen und in sieben Dentallaboren untersucht (Brusis et al.).

Für Zahnärzte und Zahnmedizinische Fachangestellte wurde dabei festgestellt, dass heute nicht die Turbine, sondern der Absauger die lauteste Schallquelle in der Praxis darstellt. Die Tages-Lärmexpositionspegel für drei Zahnärzte lagen zwischen 70 und 77 Dezibel und somit deutlich unter der gehörgefährdenden Grenze von 85 Dezibel. Bei den Zahntechnikern wurden ortsbezogene Tages-Lärmexpositionspegel von etwa 68 Dezibel und  personenbezogene Tages-Lärmexpositionspegel von etwa 76 Dezibel gemessen.

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In Einzelfällen konnten zwar geringfügige Überschreitungen von 80 Dezibel festgestellt werden. Relevante  Werte für eine berufliche Lärmschwerhörigkeit wurden jedoch nicht erreicht. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die zahnärztlichen Turbinen in den letzten Jahrzehnten deutlich leiser geworden sind und sich die Turbinenlaufzeit pro Tag verkürzt hat. Deshalb schlussfolgerten die Autoren auch, dass eine Gefährdung für eine berufliche Lärmschwerhörigkeit gemäß der Berufskrankheitenverordnung für den Regelfall beim Zahnarzt,  der ZFA und dem Zahntechniker nicht gegeben ist.

Leben in einer Industrienation bedeutet Leben mit Lärm

Wie gut es um das Hörvermögen der Zahnärzte bestellt ist, hat eine jüngere arbeitsmedizinischeStudieder Universitätszahnklinik Mainz gezeigt, in der insgesamt 115 Zahnärzte und nicht zahnärztlich tätige Kontrollpersonen aufgenommen wurden. Die Forscher um Prof. Brita Willershausen stellten geringfügige Hörstörungen bei beiden untersuchten Gruppen fest. Die beobachteten Beeinträchtigungen waren dabei bei den Zahnärzten minimal höher als bei den Kontrollpersonen. Allerdings müssen neben der beruflichen Exposition der Zahnärzte zu Hochgeschwindigkeitsinstrumenten und anderen geräuschintensiven Geräten auch noch die zusätzliche Lärmbelastungen in modernen Industrienationen berücksichtigt werden.

Aus Sicht der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege spielt die Lärmbelästigung keine maßgebliche Rolle am Arbeitsplatz Zahnarztpraxis. In dem entsprechenden Papier heißt es: "Von den Räumlichkeiten und der Ausstattung Ihrer Praxis gehen keine Gefährdungen für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus".

Eine Sprecherin erklärte auf die zm-Anfrage: "Nach unseren Erkenntnissen sind die Lärmbelastungen in zahnärztlichen Praxen in der Regel nicht so hoch, dass daraus die Gefahr einer Berufskrankheit resultieren würde. Dennoch empfiehlt es sich selbstverständlich, die Lärmbelastung so gering wie möglich zu halten. Das entlastet das Gehör und wirkt lärmbedingtem Stress entgegen."

T.  Brusis , R.  Hilger , R.  Niggeloh , J.  Huedepohl4 , K.-W.  ThiesenBesteht beim Zahnarzt oder beim Zahntechniker die Gefahr einer lärmbedingten Gehörschädigung?    Laryngo-Rhino-Otol 2008; 87(5): 335-340 DOI: 10.1055/s-2007-995328

B. Willershausen, L. Scholz, D.M. Rose, S. Letzel Neue Studie zum Hörvermögen von Zahnärzten, zm 104, Nr. 15 A, 1.8.2014

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