Lauterbach hält großes Krankenhaussterben für unwahrscheinlich
Lauterbach (SPD) hält ein größeres Kliniksterben trotz Kostensteigerungen und etlicher Krankenhausinsolvenzen im Land für unwahrscheinlich. Er glaube nicht, dass 2024 das Jahr des flächendeckenden Krankenhaussterbens sein werde, betonte der Minister, der online zum gestern gestarteten Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf zugeschaltet war. Er setze sich für die geplante Reform ein, um ein unsystematisches Krankenhaussterben abzuwenden, erklärte er. Die Reform selbst sei im Zeitplan, man sei mit der Erarbeitung des Referentenentwurfs schon sehr weit und das neue Gesetz solle in der ersten Hälfte 2024 beschlossen sein. Bis zum Frühjahr 2024 sollten noch einmal 3,2 Milliarden Euro an Energiehilfen für die Kliniken bereitgestellt werden, kündigte er an. Zudem würden den Häusern sechs Milliarden Euro für die Pflege zusätzlich zufließen. Es werde nichts gegen die Länder gemacht, so der Minister weiter.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte hingegen, was die Gemeinsamkeiten von Bund und Ländern angehe, sehe er noch „Luft nach oben.“ Das Gesetz müsse mit den Ländern und nicht gegen sie laufen. Bei der Krankenhausplanung wollten die Länder ihre Hoheit bei der Krankenhausplanung nicht abgeben. NRW werde noch in diesem Monat eine Initiative zur finanziellen Stärkung der Krankenhäuser in den Bundesrat einbringen, kündigte er an. Und die NRW-Krankenhausplanung mit einer stärkeren Spezialisierung und Abstimmung der Krankenhäuser in den einzelnen Regionen werde planmäßig bis Ende des kommenden Jahres kommen, so Laumann. Zum geplanten Krankenhaustransparenzgesetz mit der vorgesehenen Einteilung von Kliniken in unterschiedliche Level äußerte sich Laumann kritisch. Man müsse zunächst wissen, wie sich die neue Systematik auf die verschiedenen Kliniktypen auswirke. Deshalb halte er eine Konvergenzphase für wichtig, in der das alte und das neue System nebeneinanderlaufen.
PD Dr. Michael A. Weber, Kongresspräsident des Krankenhaustages und Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), zeigte sich bei der Eröffnungspressekonferenz des Krankenhaustages kritisch. Die Akteure in Bund und Ländern stritten sich und setzten die Kliniken einem hohen finanziellen Druck aus, sagte er. Wenn sich hier nicht rasch etwas ändere, werde aus dem jetzigen Personalmangel in den Kliniken eine Personalflucht und aus der Strukturreform ein unstrukturiertes und unkontrolliertes Krankenhaussterben auch systemrelevanter Standorte. Damit werde eine Reform der aktuellen Strukturen konterkariert, warnte Weber.
Ein großes finanzielles Problem sind die Weihnachtsgelder
Ingo Morell, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), forderte einen vollen Inflationsausgleich für die Kliniken, um die klaffende Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben wieder zu schließen und die Insolvenzgefahr zu bannen.
Wie dramatisch die Situation ist, belegt eine aktuelle Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), die vorgestellt wurde. Die Kliniken stehen demnach vor großen finanziellen Belastungen durch die Weihnachtsgelder. Zwar würden nahezu alle Häuser die Weihnachtsgelder pünktlich und in vollem Umfang zahlen. Aber 80 Prozent meinen, dass sich die Liquiditätslage stark verschärfen werde. 60 Prozent können die Zahlungen nicht aus vorhandenen Mitteln leisten, sondern brauchen Zuschüsse, entweder vom Träger oder Kredite von den Banken, in einigen Fällen sogar beides.
Dass die Maßnahmen des Bundes für eine bessere Liquidität nicht ausreichend seien, macht die DKI-Umfrage ebenfalls deutlich. Nur sechs Prozent der Kliniken erwarten demnach, dass sich die Lage durch die Erhöhung des Pflegeentgeltwertes verbessern werde. Immerhin 23 Prozent erwarten dies durch die schnelle Zahlung der Pflegebudgets. Aber mehr als drei Viertel erkennen keinen positiven Einfluss. Nur sehr wenige Kliniken denken, dass sich durch die Maßnahmen ihr Insolvenzrisiko relevant reduziert.
Die Auswirkungen auf die Versorgung werden ebenfalls laut der DKI-Umfrage deutlich. 23 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser werden demnach den Leistungsumfang (zum Beispiel Verschiebung planbarer Operationen) reduzieren müssen, 42 Prozent das Leistungsangebot (wie etwa vorübergehende Schließung einzelner Stationen). 49 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser und 50 Prozent der Psychiatrien sehen sich laut Umfrage gezwungen, Personal abzubauen. Acht beziehungsweise zehn Prozent sehen die Schließung von Standorten als zwingend an. „Und 90 Prozent der Kliniken nennen die nicht referenzierten Kostensteigerungen als maßgebliche Hauptursache ihrer Probleme, sogar noch weit vor dem Fachkräftemangel“, bilanziert der DKG-Präsident.
Derweil wächst loffenbar die Sorge vor einem Scheitern der geplanten Klinikreform. Am 23. November ist ein weiteres Bund-Länder-Treffen in Berlin geplant.