Bundeskabinett bringt Pflegereform auf den Weg

Leistungen werden dynamisiert und Beitragssätze angehoben

pr
Die gesetzliche Pflegeversicherung soll reformiert, der Beitragssatz angehoben und die Finanzgrundlage stabilisiert werden. Dazu hat das Bundeskabinett heute einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht.

Mehr Leistungen für die stationäre und ambulante Pflege sieht das neue Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) vor, das heute das Bundeskabinett als Entwurf beschlossen hat. Ab dem zweiten Kind sollen Eltern künftig weniger für die Pflegeversicherung zahlen als heute. Die Leistungen in der Pflege sollen dynamisiert und die Pflegekosten in den Heimen gebremst werden, heißt es in dem Entwurf. Und: Die Beitragssätze werden angehoben, wobei die Bundesregierung ermächtigt werden soll, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen.

Die Bundesregierung reagiere damit auf die stark steigenden Kosten sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege, meldet das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber beauftragt, bis Mitte des Jahres Eltern mit mehreren Kindern bei der Bemessung der Beiträge im Vergleich zu Kinderlosen deutlicher zu bevorzugen als heute.

Außerdem müsse die soziale Pflegeversicherung finanziell stabilisiert werden, heißt es weiter. Die gesetzliche Pflegeversicherung werde daher in zwei Schritten reformiert: Zum 1. Juli 2023 soll die Finanzgrundlage stabilisiert werden. Das ermögliche dringende Leistungsverbesserungen bereits zum Januar 2024. Und in einem zweiten Schritt würden sämtliche Leistungsbeträge zum 1. Januar 2025 nochmals spürbar angehoben.

Anhebung des Beitragssatzes:

Zur Absicherung bestehender Leistungsansprüche der sozialen Pflegeversicherung und der im Rahmen dieser Reform vorgesehenen Leistungsanpassungen soll der allgemeine Beitragssatz zum 1. Juli 2023 „moderat“ um 0,35 Prozentpunkte angehoben werden, heißt es in der Meldung des BMG. Diese Maßnahme sei mit Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro pro Jahr verbunden. Die Bundesregierung solle ermächtigt werden, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, sofern auf kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden müsse.

Stärkung der Pflege zu Hause:

  • Das Pflegegeld soll zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent erhöht und die ambulanten Sachleistungsbeträge zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent angehoben werden.

  • Das Pflegeunterstützungsgeld soll von Angehörigen künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch genommen werden können und ist dann nicht mehr beschränkt auf einmalig insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person. Das soll ab 1. Januar 2024 gelten.

  • Ebenfalls zum 1. Januar 2024 sollen die Zuschläge, die die Pflegekasse an die Pflegebedürftigen in vollstationären Pflegeeinrichtungen zahlt, erhöht werden.

  • Zum 1. Januar 2025 und zum 1. Januar 2028 sollen die Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert werden.

Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts:

Ebenfalls zum 1. Juli 2023 soll der Beitragssatz zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 nach der Kinderzahl differenziert werden. Eltern sollen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose zahlen. Bei kinderlosen Mitgliedern soll ein Beitragssatz in Höhe von vier Prozent gelten, bei Mitgliedern mit einem Kind nur ein Beitragssatz von 3,4 Prozent. Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt, wie das BMG weiter mitteilt. Nach der jeweiligen Erziehungsphase soll der Abschlag wieder entfallen. Nach der Zeit, in der der wirtschaftliche Aufwand der Kindererziehung typischerweise anfällt, sei eine weitere Differenzierung zwischen Mitgliedern mit unterschiedlicher Kinderzahl nicht mehr vorgesehen, heißt es. Bei Mitgliedern mit mehreren Kindern gelte nach der Erziehungszeit daher wieder der reguläre Beitragssatz in Höhe von 3,4 Prozent. Die Abschläge gelten, solange alle jeweils zu berücksichtigenden Kinder unter 25 Jahre alt sind. In der Kindererziehungsphase würden Eltern mit mehreren Kindern daher spürbar entlastet.

„Die Solidargemeinschaft darf nicht wegschauen“

„Dass immer mehr Menschen nach einem arbeitsreichen Leben in die Sozialhilfe abrutschen, werden wir nicht akzeptieren,“ kommentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Kabinettsentwurf. „Da die Kosten von guter Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen. Sowohl in den Heimen, aber ganz besonders auch bei der Pflege zu Hause müssen wir die Leistungen verbessern. Gleichzeitig gilt es, die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren.“

In einer ersten Reaktion meldete sich der AOK-Bundesverband zu Wort: Eine nachhaltige Lösung für die Pflege sei mit den Plänen weiter aufgeschoben, kommentierte Verbandschefin Dr. Carola Reimann. Die geplante Beitragssatzerhöhung schaffe lediglich bis zum Jahr 2025 Ruhe. Schon jetzt sei klar, dass die Pflegeversicherung auf Sicht auf Steuerzuschüsse für versicherungsfremde Leistungen angewiesen sei.

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