Litauischer Chirurg neuer EU-Gesundheitskommissar
Der 63jährige Andriukaitis ist der erste Arzt auf diesem Posten. Der gelernte Chirurg verfügt darüber hinaus über politische Erfahrungen in der Gesundheitspolitik. Denn er war von 2012 bis zu seinem Wechsel nach Brüssel im Sommer diesen Jahres Gesundheitsminister seines Landes. In seiner neuen Funktion als Gesundheitskommissar ist Andriukaitis zudem für Fragen zum europäischen Verbraucherschutz und zur Arzneimittelpolitik der EU zuständig.
Bislang leitet der Malteser Tonio Borg das Ressort. Borg hatte 2012 seinen Landsmann John Dalli abgelöst, nachdem dieser wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der Revision der EU-Tabakrichtlinie vorzeitig von seinem Amt als Gesundheitskommissar zurückgetreten war.Das Ressort wurde 1999 eingeführt. Damals leitet der Brite David Byrne als erster europäischer Gesundheitskommissar das Ressort. Die Bedeutung der EU-Gesundheitspolitik hat in den letzten Jahren zudem eher zu- als abgenommen, da die Brüsseler Machthaber die wichtige Rolle die Gesundheitssysteme als Wirtschafts- und Standortfaktor für die Union erkannt haben.
SARS, Vogelgrippe und Ebola sind drängende Themen
Ziel der europäischen Gesundheitspolitik war und ist es vor allem, die körperliche und geistige Gesundheit der europäischen Bürger durch grenzüberschreitende Maßnahmen zu verbessern und überall in der Union ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Zu diesem Zweck hat die EU in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Verordnungen, Richtlinien und Aktionsprogramme erlassen. Sie dienen unter anderem dazu, den Ausbruch und die Verbreitung von Infektionskrankheiten und Seuchen wie SARS oder die Vogelgrippe innerhalb der EU einzudämmen beziehungsweise zu verhindern, die Ausbildungsstandards von Medizin- und Pflegeberufen anzugleichen, den Drogenkonsum zu bekämpfen und die Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten.
Die EU beschäftigt sich dabei auch mit so aktuellen Fragen wie die Sicherheit von Amalgamfüllungen oder der Gefahr der Ausbreitung des Ebola-Virus innerhalb der Union. Zu den Grundwerten der EU-Gesundheitspolitik, zu denen sich alle EU-Mitgliedstaaten bekannt haben, gehören der universelle Zugang zu einer Gesundheitsversorgung von guter Qualität für alle EU-Bürger. Mit der Umsetzung der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im Oktober 2013, die Patienten das Recht einräumt, sich überall in der Union auf Kosten ihrer heimischen Krankenkasse behandeln zu lassen, ist die EU diesem Ziel einen großen Schritt näher gekommen.
Organisation des Gesundheitswesens bleibt nationale Aufgabe
Die Mitgliedstaaten wachen dabei beispielsweise im EU-Ministerrat mit Argusaugen darüber, dass die EU-Kommission ihre Kompetenzen nicht überschreitet. Denn die Verantwortung für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung ist und bleibt vorrangig eine nationale Aufgabe. Brüssel darf nach dem Vertrag von Lissabon hier in erster Linie lediglich eine koordinierende Funktion übernehmen, um die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu fördern, beispielsweise durch Leitlinien und Indikatoren oder den Austausch bewährter Verfahren.
Derzeit ganz oben auf der Agenda der EU-Gesundheitspolitik stehen ein neuer Regelungsrahmen für die Sicherheit von und den Umgang mit Medizinprodukten, die Schaffung von Exzellenzzentren für seltene Erkrankungen und die Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheiten zwischen den EU-Mitgliedstaaten.