Bundesweiter Aktionstag zum Praktischen Jahr

Medizinstudierende fordern faire Bedingungen

LL
Gesellschaft
Tausende Medizinstudierende demonstrieren in Berlin vor der Charité für bessere Bedingungen im Praktischen Jahr (PJ). Sie fühlen sich zu oft als Lückenbüßer für fehlendes ärztliches Personal und verlangen Aufwandsentschädigungen für ihren Einsatz.

Eigentlich sollen im Praktischen Jahr die im Studium erlernten Fertigkeiten gefestigt und vertieft werden. Die Realität an den Kliniken ist aber oft eine andere: In der letzten Phase des Studiums – der wichtigsten – sind PJler vor allem Lückenbüßer in der Versorgung. Darunter litten die praktische Ausbildung und das Selbststudium häufig, mahnt der Marburger Bund, der zusammen mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) die bundesweite Protestaktion unterstützt.

40 bis 50 Stunden in der Klinik sind kein Sonderfall

Vor dem Hintergrund einer dauerhaft angespannten Personalsituation in den Krankenhäusern sind Medizinstudierende im Praktischen Jahr überall dort im Einsatz, wo sie gerade in der Versorgung gebraucht werden. Mehr als die Hälfte von ihnen verbringt im PJ 40 bis 50 Stunden pro Woche in der Klinik. Dabei sind auch Nacht- und Wochenenddienste im letzten Abschnitt des Medizinstudiums keine Seltenheit. Das ergab das „PJ-Barometer 2023“ vom Marburger Bund unter rund 1.700 PJ-Studierenden und jungen Ärztinnen und Ärzten.

„Es geht im PJ um die Vertiefung der im Studium erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten und nicht darum, uns als Lückenbüßer zu missbrauchen“, fasst Pauline Graichen, Vorsitzende des Sprecherrates der Medizinstudierenden im Marburger Bund, zusammen. Ohne die PJler würde vieles nicht mehr laufen in den Kliniken. Beim Einsatz komme neben der Zeit fürs Lernen, auch die Erholung zu kurz.

Wer erkrankt oder wegen eines kranken Kindes nicht zum Dienst erscheine, müsse seine 30 zur Verfügung stehenden Fehltage dafür einbringen, berichtet der Marburger Bund. Es fehle bis heute eine Regelung zu den Krankheitstagen im PJ. Nicht zuletzt im Sinne der Sicherheit von Patientinnen und Patienten, der Gesundheit der Medizinstudierenden und der Ausbildungsqualität müssten Krankheitstage von der Fehlzeitenregelung ausgenommen werden, argumentiert die Interessensvertretung.

Viele können sich nur mit einem Nebenjob über Wasser halten

Das PJ-Barometer 2023 zeigt auch, dass in vielen Lehreinrichtungen erheblicher Verbesserungsbedarf besteht: Viele PJ-Studierende werden nicht zu ausbildungsspezifischen Tätigkeiten herangezogen, sondern als zusätzliche Arbeitskräfte eingesetzt – nicht nur primär für ärztliche Aufgaben. Sie erhalten dabei keine oder nur eine geringfügige Aufwandsentschädigung. Ein Großteil von ihnen ist laut Bericht deshalb auf finanzielle Unterstützung von der Familie angewiesen. Rund ein Drittel muss neben dem Vollzeiteinsatz in der Klinik noch einem Nebenjob nachgehen. So bliebe das Medizinstudium weiter eher elitär, statt finanziell losgelöst machbar für alle, beklagt der Bericht. Die Medizinstudierenden fordern deshalb für die Dauer des Praktischen Jahrs eine bundesweit flächendeckende Aufwandsentschädigung, wenigstens in Höhe des BAföG-Höchstsatzes.

Die bvmd hat zusätzlich zur bundesweiten Protestaktion eine Online-Petition gestartet. Gelingt es, 100.000 Unterschriften zu sammeln, wird diese Petition an das Bundesministerium für Gesundheit und den Medizinischen Fakultätentag übergeben.

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