Mehr Unterstützung für Kinder und Jugendliche nach der Pandemie
Der Bericht wurde vorgelegt von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Experten empfehlen Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung der psychischen und psychosozialen Belastungen durch die Pandemie bestmöglich zu unterstützen. So will man mehr Gruppentherapien anbieten, um Wartezeiten gerade auf dem Land zu verkürzen.
Der Minister kündigte an: „Wir bemühen uns um einen schnelleren Zugang zur therapeutischen Versorgung. Wir stellen die Finanzierung der Krankenhausbehandlung für Kinder auf neue Füße und sorgen für eine bessere Vergütung von Kinderarzneimitteln."
Die Einschränkungen durch die mit der Pandemiebekämpfung verbundenen Maßnahmen hätten junge Menschen besonders stark belastet – vor allem diejenigen, die bereits vor der Pandemie unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen sind, betonte Lauterbach bei der Vorstellung des Berichts. Er bezog sich auch auf den Corona-Expertenrat der Bundesregierung und entsprechende Studienergebnisse der COPSY-Längsschnittstudie (DOI: 10.2139/ssrn.4304666) von 2022.
Zu dem Stress durch die Corona-Einschränkungen kämen aktuelle Belastungen durch Krieg, Inflation und Klimakrise, ergänzte die Bundesfamilienministerin. Wie so oft treffe es Kinder aus ärmeren Familien besonders hart: Kinder von Alleinerziehenden, aus Familien mit Migrationshintergrund, diejenigen, die in beengten Wohnverhältnissen leben oder psychisch belastete Eltern haben.
Starke Hinweise auf anhaltenden psychosomatischen Stress
Paus: „Es darf aber nicht von persönlichen Ressourcen oder vom sozialen Status der Familie abhängen, wie gut junge Menschen Krisen überstehen. Wir sind als gesamte Gesellschaft gefordert, die Belastungen für junge Menschen abzumildern – besonders für diejenigen, die stärker belastet sind als andere.“
Der Bericht wertete verschiedene Studien aus. Danach zeigen Kinder und Jugendliche weiter deutliche Hinweise auf anhaltenden psychosomatischen Stress. Anfang 2022 hatten sich laut der Copsy-Studie 81 Prozent „ziemlich“ oder „äußerst“ psychisch belastet gefühlt - zehn Prozent mehr als am Anfang der Pandemie. Bei Mädchen hat es einen Anstieg von Ess- und Angststörungen sowie Depressionen gegeben. Insgesamt sind auch die Fälle von Adipositas gestiegen. Bei Kindern im Vorschulalter gab es häufiger Defizite bei Sprache, Motorik und sozial-emotionaler Entwicklung.
Insgesamt wurden fünf Handlungsfelder identifiziert und Maßnahmen des Bundes benannt:
1. Im Handlungsfeld Frühe Hilfen werden die Mittel auf 56 Millionen Euro erweitert. Damit sollen unter anderem Familien mit Belastungen direkt nach der Geburt über Willkommensbesuche oder Lotsendienste durch Familienhebammen unterstützt werden. Fachkräfte sollen mit digitalen Sprechstunden zu den Themen Flucht, psychische Gesundheit und Ernährung unterstützt werden.
2. Im Handlungsfeld Kindertagesbetreuung sollen das Kita-Qualitätsgesetz, Investitionsprogramme des Bundes zum Kita-Ausbau und eine die Krisenresilienz der Kindertagesbetreuung stärken. Dazu soll der Bund die Länder in den Jahren 2023 und 2024 mit rund vier Milliarden Euro unterstützen, auch in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bewegung.
3. Im Handlungsfeld Schule sollen im Rahmen eines Modellprogramms des Bundesfamilienministeriums ab dem Schuljahr 2023/24 Mental Health Coaches an Schulen bei Fragen zur mentalen Gesundheit und bei akuten psychischen Krisen unterstützen. Sie stehen Kindern und Jugendlichen bei Problemen zur Seite und vermitteln weitere Unterstützungsangebote.
4. Im Handlungsfeld Gesundheitswesen setzt sich der Bund für eine bessere medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen und für die Beseitigung von Engpässen bei Kinderarzneimitteln ein. Auch Prävention und Gesundheitsförderung sollen gestärkt und für Kinder und Jugendliche mehr Therapieplätze geschaffen werden.
5. Im Handlungsfeld Jugend- und Familienhilfe sollen Kinder können nun beim Jugendamt psychosoziale Beratung in Anspruch nehmen können, ohne dass ihre Eltern darüber informiert werden. Psychisch kranke Eltern sollen niedrigschwellig Hilfe von den Erziehungsberatungsstellen erhalten.