Mit dem Patientenbus gegen den Ärztemangel
Wenn der Arzt nicht aufs Land kommt, muss der Patient eben zum Arzt in die Stadt kommen. Die Norddeutschen machen es vor: Patienten aus abgelegenen ostfriesischen Gemeinden sollen ab Oktober mit einem Bus zu Haus- und Fachärzten in die Stadt transportiert werden. Dafür kooperieren die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die Bezirksstelle Aurich und der Landkreis Leer mit einem Busunternehmen. Nach einem Jahr soll Bilanz gezogen werden.
13 freie Hausarztsitze
Das Projekt "Patientenmobil" ist eines von vier medizinischen Versorgungsprojekten, die vom Lenkungsgremium der "Gesundheitsregionen Niedersachsen" auf Landesebene für eine Förderung ausgewählt worden ist. Ziel ist, dem Ärztemangel in der ostfriesischen Provinz rund um Leer entgegenzuwirken. Allein in der Südhälfte des Landkreises gebe es derzeit 13 freie Hausarztsitze, sagte Susanne Kreienbrock, Koordinatorin der Gesundheitsregion Leer, gegenüber der "Ärzte Zeitung".
Der Ärztemangel zeigt sich sich immer dort, wo ungünstige Faktoren zusammenkommen: niedriger Versorgungsgrad, hoher Altersanteil bei den Ärzten und Schwierigkeiten mit der Wiederbesetzung. Obwohl laut dem neuen AOK-Ärzteatlas 2016 insgesamt 44 Prozent aller Planungsbereiche bei Hausärzten rechnerisch überversorgt sind, gibt es de facto eine Unterdeckung - wie sie sich in Ostfriesland heute schon sehr deutlich zeigt. Denn: Ein Drittel der Hausärzte ist über 60 und wird vermutlich auf absehbare Zeit Praxisnachfolger suchen (siehe dazu: "Wie die AOK eine Ärzteschwemme herbeiredet")
Fester Busfahrplan - für Patienten UND Ärzte
Die Ostfriesen haben darauf reagiert: Ab Oktober soll der Patientenbus nun nach einem festen Fahrplan mobilitätseingeschränkte Patienten aus den abgelegenen Gemeinden Jemgum, Bunde, Westoverledingen, Rhauderfehn, Ostrhauderfehn und der Stadt Weener nach Leer bringen und sie wieder abholen - vormittags von 9 Uhr bis 12 Uhr.
Die Weser-Ems Busverkehr GmbH (WEB) übernimmt Fahrten und Logistik. Die Fahrer werden über ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem mit der Zentrale und den Patienten verbunden sein, um auch auch auf kurzfristige Anforderung reagieren zu können. Falls doch einmal der Zeitplan kippt, sollen im Rahmen des Projektes eigens Taxen für die Patienten fahren.
Damit das System funktioniert, müssen sich nicht nur Patienten und Busfahrer an den Plan halten, sondern auch die Ärzte. Wichtig sei zum Beispiel, dass die Praxen die Wartezeiten für die "Bus-Patienten" verkürzen, um damit eine Rückfahrt im vorgesehenen Zeitfenster zu ermöglichen, erläutert Kreienbrock. Dazu könnte eine automatische Benachrichtigung der Praxis bei Abholung eines Patienten beitragen.
Das Projekt wird zwar mit 38.000 Euro aus dem Topf für die Gesundheitsregionen gefördert. Für jede Tour muss der Patient dennoch 4,60 Euro bezahlen. Ein Jahr lang wird das Projekt von der Universität Oldenburg evaluiert.