Mittelamerika kämpft gegen Dengue-Mücken

eb/dpa
Gesellschaft
Das Tropenfieber Dengue grassiert so schlimm wie lange nicht in Mittelamerika. Eine Impfung gibt es nicht. Und der mögliche chemische Schutz vor den Überträger-Mücke ist begenzt.

"Gestern hatte er höchstens etwas erhöhte Temperatur, und heute ist der Junge schon schwer krank", sagt Marcia Bojórquez mit angstvollem Blick auf das Kind in ihrem Arm. Der Dreijährige glüht vor Fieber, weint unaufhörlich. In der Notaufnahme des Fernando Vélez Paíz Kinderkrankenhauses in Managua sind Patienten mit Dengue-Symptomen nicht selten, der Wartesaal ist voll mit ihnen.

Die Tropenkrankheit, die wie eine schwere Grippe anläuft und schlimmstenfalls tödlich endet, greift um sich. Mehr als 8.000 Menschen haben sich in diesem Jahr in Nicaragua mit dem Virus angesteckt. 20 sind gestorben, die meisten waren unter 18 Jahre alt. 

Schon 30 Tote in Honduras

Auch in den Nachbarländern macht sich das vor allem durch die Mücke Stegomyia aegypti übertragene Virus breit. Nach Angaben der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (OPS) starben in Honduras 30 Menschen, in Guatemala 6 und in El Salvador 3. In Costa Rica gibt es mit 47.000 die meisten Infizierten. Die Region erlebt die schlimmste Dengue-Epidemie der vergangenen fünf Jahre. 

Dengue ist ein Problem in vielen tropischen und subtropischen Gebieten der Welt. In ganz Lateinamerika sind 2013 bisher laut OPS mehr als 1.000 Menschen an Dengue gestorben und mindestens zwei Millionen erkrankt. Auch in Asien wütet der Erreger. "Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung hat ein Dengue-Risiko", schreibt die Weltgesundheitsorganisation WHO. In Europa gibt es seit einigen Jahren einzelne Infektionen, besonders auf der portugiesischen Insel Madeira. 

Wasserlachen als Brutstätte

Eine Schutzimpfung existiert nicht. Es gilt, den Stich der Mücken zu vermeiden, deren Larven sich in Wasserlachen wie in Pfützen, Blumentöpfen oder alten Autoreifen entwickeln. Aber ein effizienter Mückenschutz, sauberes Trinkwasser und vernünftige sanitäre Anlagen sind in Lateinamerika vielerorts Mangelware. Dem Risiko, gestochen zu werden, sind die Einwohner praktisch überall ausgesetzt. Jüngst warnte das Fachblatt "Nature" vor der Infektionsgefahr auch Touristen, die zur Fußball-WM nach Brasilien reisen wollen. 

In Nicaragua berichten die staatlichen Medien nun täglich über die Mobilisierung Tausender Freiwilliger, die helfen, Lebensräume von Moskito-Larven zu zerstören. "Das ist eine sehr gefährliche Krankheit, wir dürfen die Hygiene daheim nicht vernachlässigen", bekräftigt die Regierungssprecherin und Präsidentengattin Rosario Murillo.

Insektizide werden (zu) großzügig versprüht

Dabei steht das Handeln der Regierung auch in der Kritik: Insektizide seien übertrieben zum Einsatz gekommen, aber man habe die Einwohner zuvor nicht angewiesen, ihre Häuser gründlich zu reinigen, um einer Moskitovermehrung vorzubeugen, sagt Ana Quirós von der Nichtregierungsorganisation Cisas. 

Auch wenn die Regierung die "Gesundheitsalarmstufe Rot" im Kampf gegen Dengue ausgerufen hat, konnte die Epidemie bisher nicht gestoppt werden - sie weitete sich mit 3.200 Neuinfizierten in den vergangenen 30 Tagen sogar aus. Das heißt: Stündlich werden vier Menschen durch einen Mückenstich infiziert.

Besonders alarmiert sind Ärzte, seit in diesem Monat Asiatische Tigermücken im Land entdeckt wurden - die Art ist mit der Globalisierung des asiatischen Warenhandels mittlerweile in den verschiedensten Ecken der Welt angelangt. Auch sie kann Viren wie Gelbfieber und Dengue übertragen. 

Sind mutierte Mücken Schuld?

Der Epidemiologe Vicente Maltez glaubt, dass eine Mutation der Stegomyia aegypti der Grund für die Epidemie ist. Die Mücke sei mittlerweile resistent gegen ein Larvizid, das das Gesundheitsministerium das ganze Jahr über zum Ausräuchern der Brutstätten eingesetzt hat. Vor einigen Wochen gab Managua bekannt, dass man Kuba um ein anderes Larvenvertilgungsmittel gebeten habe, welches dort und auch in Ecuador mit Erfolg eingesetzt wurde. 

In Nicaragua, dem zweitärmsten Land Amerikas nach Haiti, stehen knapp der Hälfte der Bevölkerung laut einem Weltbank-Bericht kein sauberes Trinkwasser oder Anlagen zur Abwasserreinigung zur Verfügung. Cisas-Untersuchungen zufolge fehlen in 70 Prozent der Schulen auf dem Land Trinkwasser und vernünftige sanitäre Anlagen - so entsteht laut Quirós ein permanenter Infektionsherd.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.