Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

MKG-Chirurgen behandeln vermehrt Ukraine-Soldaten

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Gesellschaft
Immer mehr verletzte ukrainische Soldatinnen und Soldaten werden zur Behandlung nach Deutschland gebracht. Bis zu 50 Prozent der Verletzungen betreffen Kopf, Hals oder Gesicht.

Männer im wehrfähigen Alter dürfen die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges nicht mehr verlassen. Die einzigen Ausnahmen sind schwerverletzte Soldaten, die in der Ukraine nicht adäquat versorgt werden können. Sie werden zur Behandlung ins Ausland gebracht, oft auch nach Deutschland. Insbesondere Schuss- und Explosionsverletzungen sind bei den Soldaten häufig, wie die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) mitteilt.

Das Verletzungsspektrum idt nicht der Versorgungsalltag

Verletzungen durch Kampfhandlungen oder Terrorattentate betreffen zu 20 bis 40 Prozent auch den Kopf-, Hals- und Gesichtsbereich – manche Schätzungen gehen sogar von bis zu 50 Prozent aus. Für die hiesigen Ärztinnen und Ärzte bedeutet das, dass sie mit einem Verletzungsspektrum konfrontiert werden, das hier zwar nicht unbekannt ist, jedoch nicht zum Versorgungsalltag zählt. „Dabei sind häufig nicht nur die Weichteile wie Haut, Muskeln und Bindegewebe betroffen“, sagt Prof. Stefan Schultze-Mosgau Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/ Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Jena. Durch die Wucht des Aufpralls oder der Druckwelle würden oft auch die knöchernen Strukturen in Mitleidenschaft gezogen.

In der Ukraine erfolgt nur die Erstversorgung

Die ukrainischen Soldaten werden in der Ukraine zunächst erstversorgt. Häufig müssen beispielsweise Blutungen gestillt oder Luftwege gesichert werden. Wenn sie soweit stabilisiert sind, dass sie transportfähig sind, werden sie zur weiteren Versorgung nach Deutschland oder in andere Länder gebracht. Der Fokus liegt hierzulande dann primär auf der funktionellen Wiederherstellung, beispielsweise der Schluck-, Kau- und Sprechfunktion.

Die Schuss- und Explosionsverletzungen sind häufig sehr schwerwiegend und müssen interdisziplinär behandelt werden. So ist im Verlauf der oft langwierigen Behandlung häufig die Expertise aus den Fachrichtungen der Augenheilkunde, Neurochirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Zahnmedizin gefragt. Auch die Zusammenarbeit mit Psychiatern ist meist Teil der Behandlung, denn die Kriegsverletzungen und -erlebnisse sind häufig traumatisierend.

Das Wissen stammt noch aus der Zeit der Weltkriege

Bei der Rekonstruktion der verletzten Gesichtsstrukturen können die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen heute auf ein umfangreiches Instrumentarium zurückgreifen, das unter anderem die virtuelle Operationsplanung und die computergestützte Herstellung passgenauer Implantate umfasst.

Diese Techniken kommen bei traumatischen Verletzungen oder bei der Behandlung kindlicher Fehlbildungen bereits routinemäßig zum Einsatz. Die bisherigen Erfahrungen mit den ukrainischen Patientinnen und Patienten zeigen den MKG-Chirurgen zufolge jedoch, dass man in Deutschland auch auf die Behandlung komplexer Kriegsverletzungen gut vorbereitet ist.

Dennoch müsse das wehrmedizinische Wissen nun mehr in die Breite gebracht werden, betonen die Experten. Viele Operationstechniken im Bereich der ballistischen Verletzungen stammten noch aus der Zeit der Weltkriege. „Entsprechend hoch ist jetzt der Fortbildungsbedarf“, sagt Schultze-Mosgau. In dieser Hinsicht lohne auch der Blick ins Ausland – etwa in die USA, wo Schussverletzungen deutlich häufiger vorkommen als in Deutschland.

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