Neue Ziele für die Mundgesundheit bis 2030
Ziel ist es, die Auswirkungen von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen auf die Allgemeingesundheit in den Blick zu nehmen, dabei zahnmedizinische, psychische und soziale Aspekte mit einzubeziehen und Risikogruppen zu berücksichtigen.
drei ausgewählte Beispiele:
1. Karieserfahrung in der Altersgruppe der 3-jährigen Kinder
Zielvorgabe 2020: Es gab noch keine Zielformulierung. Mundgesundheitszustand 2016:Der dmft-Wert bei 3-Jährigen lag bei 0,48.Zielvorgabe 2030:Der dmft-Index bei den 3-jährigen Kindern soll maximal den Wert 0,4 erreichen. Bewertung und Empfehlung:Mundgesundheitsinformationen zur Gruppe der 3-Jährigen wurden bundesweit erstmals 2016 erfasst. Erkannt wurde, dass die frühkindliche Karies eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kleinkind- und Vorschulalter ist. Der bisherige GKV-Leistungskatalog wurde 2019 um drei zusätzliche zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder zwischen dem 6. und dem vollendeten 33. Lebensmonat erweitert. Erstmals wurden damit auch Kinder unter drei Jahren in das umfassende Präventionsangebot in der Zahnarztpraxis einbezogen. Dennoch ist sowohl bei der Prävention als auch bei der Therapie von Karies im Milchgebiss in Deutschland weiterhin Handlungsbedarf erkennbar. Die Zielsetzungen für das Jahr 2030 wurden deshalb so gewählt, dass sich sowohl bei der Kariesfreiheit als auch bei der Karieserfahrung Verbesserungen einstellen.
2.Karieserfahrung in der Altersgruppe der 12-Jährigen
Zielvorgabe 2020:Der DMFT-Index bei den 12-Jährigen soll auf dem Wert von unter 1,0 gehalten und ein Wiederanstieg verhindert werden. Der Anteil mit hohem Kariesbefall (DMFT-Index >2) soll weiter reduziert werden (Bezugswert 2005).Mundgesundheitszustand 2014:Der DMFT Wert bei 12-Jährigen lag bei 0,5. Der Anteil der 12-Jährigen mit einem hohen Kariesbefall (DMFT-Index >2) betrug 6,2 Prozent.Zielvorgabe 2030:Der DMFT-Index bei den 12-Jährigen soll maximal 0,5 betragen.Bewertung und Empfehlung:Hinsichtlich der Zahngesundheit dieser Altersklasse liegt Deutschland international an der Spitze. Auch die sogenannte Kariesrisikogruppe hat proportional gleichwertig am Kariesrückgang teilgenommen. Die für die 12-Jährigen formulierten Mundgesundheitsziele für das Jahr 2020 waren bereits im Jahr 2005 erreicht und wurden 2009 und 2014 noch einmal bestätigt. Aufgrund der Präventionserfolge bei einem Großteil der 12-Jährigen und der Konzentration der Karieslast auf wenige Kinder sollten die bevölkerungs-, gruppen- und individualprophylaktischen Maßnahmen laut Angaben der Autoren dennoch auch zukünftig beibehalten und kontinuierlich umgesetzt werden.
3. Karieserfahrung in der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen
Zielvorgabe 2020: Reduzierung des MT-Werts in der Altersgruppe der 35-bis 44-Jährigen auf ≤2,0.Mundgesundheitszustand 2014: Der MT-Wert bei 35-bis 44-Jährigen lag bei 2,1.Zielvorgabe 2030:Reduzierung des MT-Werts in der Altersgruppe der 35-bis 44-Jährigen auf ≤1,7. Bewertung und Empfehlung: Laut Angaben der Autoren fällt auf, dass der Rückgang der Karieslast in dieser Altersgruppe sowohl durch weniger Füllungen als auch durch einen Rückgang von Zahnverlusten bedingt ist. Dem zugrunde lagen die stufenweise etablierten Maßnahmen zur Gruppen- und Individualprophylaxe. Daneben spielt auch die verbesserte individuelle Mundhygiene, die kontrollorientierte Inanspruchnahme zahnärztlicher Dienstleistungen sowie die zahnerhaltende und präventive Therapieausrichtung im Versorgungsalltag eine große Rolle. Um die präventiven Erfolge bei den Erwachsenen weiter zu verbessern, sollten vor allem die individualprophylaktischen Maßnahmen konsequent weiterverfolgt werden.
Weitere Ziele für 2030
Zu den weiteren in dem IDZ-Papier formulierten Zielen für 2030 gehört auch eine Reduzierung von schweren Parodontalerkrankungen sowie von völliger Zahnlosigkeit bei 65- bis 74-jährigen. Ein weiteres Anliegen ist die Verbesserung der Diagnose von Mundschleimhautveränderungen. Ferner zählt dazu eine Optimierung des Mundhygiene- und Inanspruchverhaltens und eine kontinuierliche Mundgesundheitsaufklärung der Bevölkerung.
Das Fazit der Autoren: Präventionsorientierung und Aufklärung sowie die Verbesserung der „dentalen Awareness“ und des Mundgesundheitswissens in der Bevölkerung zahlen sich offensichtlich aus. Jedoch: Ob und wie die Mundgesundheitsziele erreicht werden können, hängt vom Engagement der relevanten Akteure und Institutionen des Gesundheitssystems sowie von der gesundheitspolitischen Umsetzung der Forderungen der Zahnärzteschaft ab.
Quelle: Sebastian Ziller, Dietmar Oesterreich, A. Rainer Jordan, Mundgesundheitsziele für Deutschland bis zum Jahr 2030, Zahnmedizin, Forschung und Versorgung, Online-Journal des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), 2021, 4:1. Die mittlerweile dritte Weiterentwicklung der Mundgesundheitsziele wurde auf Grundlage aktueller oralepidemiologischer Studien vorgenommen. Darin wird zum einen überprüft, inwiefern die Mundgesundheitsziele der Vergangenheit heute erreicht sind. Zum anderen definieren die Autoren vor dem Hintergrund der heutigen Situation konkrete Prävalenzen von Mund-, Kiefer- und Gesichtserkrankungen sowie Versorgungsgrade und Therapiebedarfe als Mundgesundheitsziele für das Jahr 2030.