Chronobiologie

Neuer Speicheltest misst die innere Uhr

mg
Medizin
Forschende haben eine nichtinvasive Methode entwickelt, um den zirkadianen Rhythmus einer Person zu bestimmen. Der Speicheltest zeigt, wie die innere Uhr tickt und soll so auch den besten Zeitpunkt für medizinische Behandlungen verraten.

Das interdisziplinäres Team vom Molekularen Krebsforschungszentrum MKFZ und dem Institut für Theoretische Biologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin als auch von der MSH Medical School Hamburg haben den Test Ende Mai vorgestellt. Mit einer Kombination aus experimentellen Analysen und mathematischen Modellen lasse sich damit das Profil der individuellen inneren Uhr eines Patienten bestimmen, heißt es in einer Mitteilung. Ziel ist es, personalisierte Empfehlungen zu geben, mit denen der Lebensstil oder der Zeitpunkt einer medizinischen Behandlung an die innere Uhr angepasst werden kann.

„Die biologische Uhr, die auch als zirkadiane Uhr bezeichnet wird, tickt in praktisch jeder Körperzelle“, erklärt Projektleiterin Prof. Angela Relógio. „Sie regelt den Zeitablauf vieler zellulärer und molekularer Mechanismen wie die Zellteilung oder von Stoffwechselprozessen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der menschlichen Gesundheit. Ist der zirkadiane Rhythmus gestört, können Krankheiten entstehen wie Schlafstörungen, Depressionen, Diabetes, neurodegenerativen Erkrankungen, Fettleibigkeit oder Krebs.“

Test könnte helfen, um Gesundheitskosten zu senken

„Die zirkadianen Rhythmen und das Timing unserer molekularen Prozesse sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich“, berichtet sie. „Wenn man seinen persönlichen zirkadianen Rhythmen kennt und Schlaf, Bewegung oder Medikamenteneinnahme daran anpasst, kann das das Wohlbefinden und die Gesundheit verbessern. Bei KrebspatientInnen zum Beispiel vermuten wir, dass wir die Wirksamkeit der Behandlung optimieren und die Nebenwirkungen verringern könnten, wenn wir den Zeitplan der medizinischen Behandlung an den zirkadianen Rhythmus des einzelnen Patienten anpassen. Das könnte die Lebensqualität der PatientInnen während der Behandlung verbessern, und im Übrigen auch zu geringeren Kosten für die Gesundheitssysteme führen.“

Doch wie bestimmt man die innere Uhr? „Wir wissen, dass jede Zelle des menschlichen Körpers die Aktivität vieler Gene regelmäßig steigert und absenkt“, erklärt Relógio. „Zum Beispiel sind die Gene, die die Zellteilung oder den Stoffwechsel steuern, innerhalb von 24 Stunden je nach Tageszeit mehr oder weniger aktiv. Da wir davon ausgehen, dass alle Zellen des Körpers synchron arbeiten, schließen wir aus der Analyse der Genaktivität in Speichelzellen auf die zirkadiane innere Uhr.“

Aktivität zweier Gene ist entscheidend

Die WissenschaftlerInnen um Relógio bestimmten daher in Zellen aus Speichelproben, die sie zu verschiedenen Tageszeiten von Probanden entnommen hatten, die Aktivität mindestens zweier Gene anhand der mRNA: Je mehr mRNA-Moleküle vorhanden sind, desto häufiger wurde das Gen abgelesen.

„Wir haben daraufhin ein mathematisches Modell entwickelt, das aus den Genaktivitäten berechnet, wann es am sinnvollsten ist, Medikamente zu verabreichen, Sport zu treiben oder schlafen zu gehen.“ So konnten die Forschenden bei SportlerInnen erfolgreich vorhersagen, wann der beste Zeitpunkt für ein Training war, heißt es, oder berechnen, wann Medikamente am besten verabreicht werden sollten, um Krebszellen zum Absterben zu bringen und gleichzeitig die Nebenwirkungen auf gesunde Zellen am niedrigsten zu halten.

Klinische Studien sollen Technologie validieren

„Bisher haben wir unsere Technologie rückwirkend überprüft, wir wollten herausfinden, ob wir beobachtete Effekte auch mit unseren Methoden hätten vorhersagen können. Um unsere Methode nun weiter zu validieren, nehmen wir derzeit an verschiedenen klinischen Studien teil. Unser Ziel ist es, Ärztinnen und Ärzte dabei zu unterstützen, den besten Zeitpunkt für die Behandlung zu wählen, und gesunden Menschen dabei zu helfen, ihre täglichen Aktivitäten an ihre innere Uhr anzupassen, um gesund zu werden oder zu bleiben“, erklärt Relógio.

TimeTeller hat sich kürzlich die nächste Finanzierungsrunde im Rahmen des InnoRampUp-Programms der IFB Hamburg gesichert und befindet sich derzeit in Gesprächen für den Aufbau von Kooperationen mit einer Reihe von Pharmaunternehmen. Im März 2023 haben die Partner die TimeTeller GmbH aus der Charité heraus ausgegründet.

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