Neues Medikament gegen MS
Eine pharmakologisch modifizierte Form von Daclizumab reduzierte im Vergleich zu Placebo bei Anwendung alle vier Wochen über ein Jahr hinweg die Wahrscheinlichkeit für einen MS-Schub um über 50 Prozent. Auch das Risiko für bleibende Einschränkungen sank um rund die Hälfte, berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Magazins "The Lancet“.
Mehr als 600 Teilnehmer aus ganz Europa und Indien
Über 600 Patienten aus 76 Zentren in ganz Europa und Indien wurden insgesamt in diese Zulassungsstudie einbezogen. Sie wurden zufällig auf drei annähernd gleich große Gruppen verteilt: Die eine Gruppe erhielt über ein Jahr hinweg alle vier Wochen eine subkutane Gabe mit 150 mg Daclizumab, die zweite Gruppe je 300 mg Daclizumab, die dritte Gruppe eine Placeboinfusion. Weder Patienten noch medizinisches Personal waren eingeweiht, in welche Gruppe ein Patient gehörte (doppelblind).
Um den Erfolg der Therapie zu messen, werteten die Forscher an erster Stelle die Anzahl der neuen MS-Schübe während der einjährigen Behandlungszeit aus. Außerdem untersuchten sie unter anderem die Anzahl der Entzündungsherde in Hirn und Rückenmark der Patienten mittels Magnetresonanztomografie und bewerteten den körperlichen und psychischen Zustand sowie die Lebensqualität der Patienten mit verschiedenen Testverfahren. Als Sicherheitsmaßnahme wurden regelmäßig Blutuntersuchungen durchgeführt.
Rund 50 Prozent weniger Schübe und Beeinträchtigungen
Es zeigte sich, dass das Risiko für einen MS-Schub in der Gruppe, die 150 mg Daclizumab erhielt, um 57 Prozent geringer war als in der Placebo-Gruppe. Bei den Patienten, die 300 mg Daclizumab erhielten, reduzierte sich das Risiko um 43 Prozent. Eine fortschreitende Behinderung durch die MS-Erkrankung trat in den beiden mit Daclizumab behandelten Gruppen ebenfalls um die Hälfte seltener auf als in der Placebo-Gruppe. Die Anzahl neuer Entzündungsherde in Hirn und Rückenmark sank durch die Daclizumab-Therapie um etwa 40 Prozent.
Unerwünschte Nebenwirkungen waren selten und betrafen hauptsächlich die Leberfunktion und Hautentzündungen. Insgesamt werten die Forscher die Ergebnisse der Studie als Erfolg: Die Dosis von 150 Milligramm alle vier Wochen habe sich als viel versprechend für weitere Studien herausgestellt.
Insbesondere zeigten sich völlig neue Wirkmechanismen, nämlich die verbesserte Rekrutierung von körpereigenen, regulatorischen natürlichen Killerzellen als Schutzmechanismus. Daclizumab könnte aus Sicht der Forscher in Sachen Wirkmechanismus, Sicherheit und Verträglichkeit einer der dringend benötigten neuen Wirkstoffe zur Behandlung der Multiplen Sklerose werden.
Ralf Gold et. al.: Daclizumab high-yield process in relapsing-remitting multiple sclerosis (SELECT): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial.
In: THELANCET-D-12-06790R1, S0140-6736(12)62190-4