"Nie wieder Budgetierung!"
Heinrich forderte von der Politik einen stärkeren Fokus auf die ambulante Medizin und eine Abschaffung von Regressen. Einen ersten richtigen Schritt habe es mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gegeben, mit positiven Effekten für die Versorgung. So seien etwa die offenen Sprechstunden in der Pandemie ein Segen – sie hätten von den Ärzten ohne Probleme in Infektionssprechstunden umgewandelt werden können. Auch das Thema der „gefühlten Ungerechtigkeiten“ bei der Vergabe von Haus- und Facharztterminen sei „abgeräumt.“
In einer Entschließung forderten die Delegierten von der zukünftigen Bundesregierung eine unumkehrbare Beendigung der Budgetierung. Deren schwerwiegende Folgen hätten sich bereits manifestiert: „Nach wie vor sehen junge Kolleginnen und Kollegen den Einstieg in die ambulante Versorgung als ein unkalkulierbares Risiko,“ heißt es dort. „Eine regionale Ungleichverteilung von Ärzten, die Ungerechtigkeit durch die unterschiedlichen Budgetierungsquoten in den Bundesländern und die stete Gewissheit, einen Teil der Leistung ohne Bezahlung erbringen zu müssen, sind die größten Hemmnisse für junge Ärztinnen und Ärzte, den Einstieg in die eigene Praxis oder in eine Gemeinschaft zu wagen.“
Ein Schwerpunktthema auf der Versammlung: der drohende Fachkräftemangel in den Arztpraxen. Rund 430.000 Medizinische Fachangestellte (MFA) seien derzeit in den rund 100.000 Arztpraxen angestellt, knapp die Hälfte davon in Teilzeit, heißt es in einer Presseerklärung des Virchowbundes dazu. Die Zahl stagniere, während die Anforderungen an die Praxen und damit der Bedarf an qualifiziertem Fachpersonal zunehme. In der Pandemie sei die Systemrelevanz der Praxisteams deutlich sichtbar geworden. Der „ambulante Schutzwall“ habe 19 von 20 COVID-Patienten behandelt. Mehr als 40 Prozent aller Impfungen hätten in den Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte stattgefunden.
MFA sind das Rückrat dre Arztpraxis
„Die Medizinischen Fachangestellten sind das Rückgrat der Arztpraxis,“ betonten die Delegierten in einer Entschließung zum Thema. Doch Arbeitsbedingungen, ungleiche Verdienstmöglichkeiten und Abwerbung von anderen Institutionen hätten bereits zu einem manifesten Fachkräftemangel in den Praxen geführt. Die Delegierten forderten unter anderem eine nachhaltige Refinanzierung der Personalkosten durch die Krankenkassen. Um das Berufsbild von MFA attraktiver zu machen, fordern sie eine konzertierte Aktion aus Landesärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und ärztlichen Berufsverbänden. Dabei müsse es nicht nur um eine attraktive Bezahlung, sondern auch um eine Wertschätzung der Praxisteams und eine Aus- und Weiterbildungsoffensive gehen.
Gefordert wurde auch, die Novelle der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) sofort umzusetzen, die sektorenübergreifende Versorgung weiterzuentwickeln und die Notfallversorgung zu reformieren. Ein dringender Appell ging ferner an die Wissenschaftsministerien der Länder, die Zahl an Medizinstudienplätzen bundesweit um mindestens 6.000 pro Jahr zu erhöhen.
Außerdem plädierte die Versammlung für den Erhalt des dualen Systems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung: „Das duale Krankenversicherungssystem eignet sich nicht als ideologische Spielwiese für vermeintliche Gerechtigkeitsprojekte. Es muss grundsätzlich erhalten, aber weiterentwickelt werden.“