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Niederländischer Skandalarzt praktizierte in Deutschland

mg/dpa
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Wie jetzt bekannt wurde, hat in Nienburg, Worms und Heilbronn ein niederländischer Arzt praktiziert, gegen den in seinem Heimatland ermittelt wird. Die Kliniken wollen jetzt alle Fälle des Mediziners prüfen.

Die Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen gegen einen niederländischen Skandalarzt eingeleitet, der über Jahre unentdeckt in Heilbronn praktiziert hat. Man prüfe den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung, bestätigte ein Sprecher der Behörde am Montag. Eine Patientin hatte sich nach Angaben der SLK Kliniken vom Montag an Behörden und Medien gewandt und von Komplikationen nach einer Behandlung durch den Arzt berichtet. Zwei Patienten meldeten sich bei den Heilbronner Kliniken.

Diese lassen alle Behandlungen, an denen der Arzt beteiligt war, von externen Gutachtern prüfen. So solle sichergestellt werden, dass keinem Patienten Schaden entstanden ist, teilten die Kliniken am Montagabend mit. Klinikchef Thomas Jendges hatte am Wochenende gesagt, in Heilbronn sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" kein Patient geschädigt worden.

Mediziner "Dr. Frankenstein"

Der Arzt, den niederländische Medien "Dr. Frankenstein" tauften, arbeitete 2010 einige Monate als Vertretung in den Mittelweser Kliniken in Nienburg, zwischen August 2010 und Februar 2011 am Klinikum Worms und anschließend am Heilbronner SLK-Klinikum am Gesundbrunnen - obwohl er in den größten medizinischen Strafprozess in der Geschichte der Niederlande verwickelt ist. Dort werden demArzt Dutzende Fehldiagnosen wie Alzheimer, Multiple Sklerose und Parkinson sowie Untreue vorgeworfen. 

Nach ersten Erkenntnissen der Klinik hatte die Personalabteilung 2011 erste Gerüchte überprüft, nach denen der Arzt keine gültige Approbation habe. Der Mann habe allerdings eine gültige deutsche Approbation aus dem Jahr 2006 sowie eine gültige Facharzturkunde vorlegen können. Auch ein Krankenhaus, in dem der Beschuldigte zuvor gearbeitet hatte, habe auf Anfrage eines Chefarztes nicht über Auffälligkeiten berichtet.

Am Montag habe die zuständige Bezirksregierung in Arnsberg mitgeteilt, dass die Approbation aus Sicht der Behörde im Jahr 2006 wirksam erteilt worden sei. Der Mann habe eine amtliche deutsche Übersetzung der damals angeforderten Unbedenklichkeitsbescheinigung aus den Niederlanden vorgelegt. Es habe keinen Grund gegeben, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln.

Mindstens 13 unnötige Gehirn-OPs

Bis jetzt habe die Bezirksregierung die Approbation weder zurückgenommen noch widerrufen noch ruhend gestellt. Aus Sicht der Behörde gebe es auch aktuell noch keinen Grund. Dies sei nur der Fall, wenn sich jetzt herausstellte, dass die damals vorgelegten Unterlagen gefälscht waren oder das Ermittlungsverfahren zu einem eindeutigen Ergebnis führen würde.

Der Mediziner soll Patienten fälschlicherweise Krankheiten wie Alzheimer, Multiple Sklerose und Parkinson attestiert haben. Ein Patient habe Selbstmord begangen, nachdem ihm fälschlicherweise Alzheimer attestiert worden war. Bei mindestens 13 Patienten sollen wegen der falschen Diagnosen unnötig Gehirnoperationen ausgeführt worden sein.

Politiker in den Niederlanden fordern eine europäische schwarze Liste, um solche Fälle zu verhindern. Heilbronns Klinikchef Jendges forderte ebenfalls neue Richtlinien: Angesichts der Personalnot an Kliniken in Deutschland müssten immer öfter Ärzte aus anderen europäischen Ländern beschäftigt werden.

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