Zi zu Integrierten Notfallzentren

Notfallreform könnte ambulante Versorgung verknappen

pr
Würde die Notfallversorgung an großen Kliniken konzentriert, könnte dies zur Verknappung der Kapazitäten in Arztpraxen führen. Zur Behandlung von Notfällen müssten 600 Praxen aus der Regelversorgung fallen.

Nach Berechnungen des Zentralinstituts kassenärztliche Versorgung (Zi) könnte der Vorschlag der Regierungskommission, Integrierte Notfallzentren der höchsten Notfallstufe (INZ) an größeren Kliniken einzurichten, die Versorgung von Patienten in ambulanten Arztpraxen stark beeinträchtigen. 600 Arztpraxen könnten aus der ohnehin schon knappen Regelversorgung fallen, bis zu vier Millionen Patientenkontakte könnten nicht mehr stattfinden, hat das Zi berechnet. In der Folge befürchtet das Institut eine erneute Überlastung der Notfallversorgung.

Die Regierungskommission hatte im Februar vorgeschlagen, die Notfallversorgung möglichst an größeren, gut ausgestatteten Krankenhäusern zu konzentrieren. Zur Entlastung dieser Notaufnahmen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Bereitschaftspraxen an jenen Notaufnahmen einrichten. Dies wird Integriertes Notfallzentrum (INZ) genannt.

Bereitstellung der Ärztekapazitäten führt zu Praxisschließtagen

Nach dem Konzept der Kommission soll die Bereitschaftspraxis an allen Kliniken der Notfallstufe 3 rund um die Uhr besetzt sein. An allen Krankenhäusern der Notfallstufe 2 empfiehlt die Kommission eine Besetzung der Bereitschaftspraxis Montag bis Freitag von 14 bis 22 Uhr sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 9 bis 21 Uhr. Darüber hinaus sollen, wo regional erforderlich, auch an Kliniken der Notfallstufe 1 Bereitschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ) im 24/7-Betrieb eingerichtet werden. Zusätzlich empfiehlt die Kommission, den fahrenden ärztlichen Bereitschaftsdienst auch zu Praxisöffnungszeiten, also rund um die Uhr, anzubieten.

Das Zi hat jetzt berechnet, dass nach dem Vorschlag der Regierungskommission die Zahl der Bereitschaftspraxen von heute rund 865 deutlich reduziert werden könnte. Denn die Kommission gehe von 160 Krankenhäusern der Notfallstufe 3 und von 260 Krankenhäusern der Notfallstufe 2 aus. Um aber die erweiterten Präsenzzeiten in rund 420 INZ durch niedergelassene Ärzte bereitstellen zu können, müssten rund 600 Vertragsarztpraxen täglich geschlossen werden. Der Grund hierfür sei, dass die Niedergelassenen zum Dienst in den Bereitschaftspraxen verpflichtet wären oder Ruhezeiten einzuhalten hätten und nicht zur medizinischen Versorgung in den Praxen zur Verfügung stehen könnten.

Dies würde zunächst bedeuten, dass rund vier Millionen Patientenkontakte in der vertragsärztlichen Regelversorgung nicht mehr wie üblich stattfinden könnten, argumentiert das Zi. Ein gewisser Anteil der betroffenen Patienten würde sich dann wohl an die Notfallversorgung wenden. An den INZ würden aber üblicherweise weniger Patienten pro Stunde behandelt als im regulären Praxisbetrieb.

ZI-Chef warnt vor Sogeffekt hin zur Notfallversorgung

Gehe man davon aus, dass an künftigen INZ in etwa die gleichen Fallzahlen pro Stunde ambulant behandelt werden wie heute, wäre dort mit rund einer Million zusätzlichen Patientenkontakten zu rechnen, analysiert das Institut weiter. Rechnerisch blieben somit rund drei Millionen Patientenkontakte, die entweder in anderen Praxen versorgt werden müssten oder zusätzlich in die Notfallversorgung drängen und dort wieder eine Überlastung hervorrufen. Würde zusätzlich der fahrende Bereitschaftsdienst auf die Praxisöffnungszeiten erweitert, würden weitere rund 850 Praxen täglich geschlossen werden müssen, warnt das Zi.

Der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried bilanziert: „Wenn Patientinnen und Patienten auf diese Weise lernen, dass der Zugang zu ärztlicher Versorgung über die Angebote der Notfallversorgung einfacher ist, entsteht ein gefährlicher Sogeffekt weg von der Regelversorgung hin zur Notfallversorgung. Die zwangsläufige Folge wäre, dass die Notfallversorgung wieder überlastet wird.“ Von Stillfried weiter: „Die Regierungskommission muss daher neu denken: Die anstehende Reform darf den Zugang zur Notfallversorgung nicht so regeln, dass Patientinnen und Patienten die Notfall- gegenüber der Regelversorgung vorziehen.“

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