„Prävention muss zum Leitbild der Gesundheitspolitik werden!“
Die künftige Arbeit der neuen Bundesregierung stand im Mittelpunkt des Berichts des Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Martin Hendges, anlässlich der zweitägigen 6. KZBV-Vertreterversammlung, die erstmals wieder im renovierten Zahnärztehaus in Köln stattfand. Er wertete es als positiv, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Dialog mit der Selbstverwaltung in ihrer Regierungserklärung in den Vordergrund gerückt habe.
Mit Blick auf die problematischen Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erteilte Hendges einem von den Krankenkassen vorgeschlagenen Ausgabenmoratorium „als Kostendämpfung nach dem Rasenmäher-Prinzip“ eine deutliche Absage. Zielführender sei vielmehr, den Weg der Prävention umfassend einzuschlagen.
„Unsere konsequent auf Prävention ausgerichteten Versorgungskonzepte haben nicht nur die Mundgesundheit von Millionen Menschen in Deutschland stetig verbessert, sondern auch zur Entlastung der Ausgabenseite geführt“, betonte Hendges und führte weiter aus: „Prävention muss zum Leitbild gesundheitspolitischen Handelns gemacht werden. Prävention muss aber auch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden.“ Prävention bedeute aber, zunächst in Maßnahmen investieren zu müssen, um Erfolge mittel- und langfristig möglich zu machen.
Es sei die Zeit gekommen, Prävention zur Grundlage von Strukturreformen zu machen. Dies gelte in besonderem Maße für die neue Parodontitisbehandlungsstrecke, die als Früherkennungs- und Präventionsleistung zwingend gesetzlich verankert werden müsse. Nur so könne die Volkskrankheit Parodontitis nicht nur adäquat bekämpft, sondern auch die Krankheitslast im allgemeinmedizinischen Bereich gesenkt und damit letztendlich auch die GKV-Finanzierung stabilisiert werden.
Hinsichtlich der im Koalitionsvertrag genannten Einrichtung einer Kommission zur Sicherung des GKV-Systems, die bis zum Frühjahr 2027 konkrete Maßnahmen vorschlagen soll, erklärte Hendges: „Es wird unsere Aufgabe sein, unsere Vorschläge hier aktiv einzubringen und mit Fakten zu unterlegen. Dafür sind wir sehr gut aufgestellt.“
Warnung vor Bagatellisierung der Zahnmedizin
Der KZBV-Chef warnte in seiner Rede vor einer „Bagatellisierung der Zahnmedizin“, die von einigen Gesundheitspolitikern betrieben werde. Es gelte vielmehr: „Ohne Mundgesundheit keine Allgemeingesundheit“! Die Zusammenhänge von Parodontitis und schweren Allgemeinerkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen seien inzwischen wissenschaftlich belegt. Umso wichtiger werde die intersektorale Zusammenarbeit mit Diabetologen, Kardiologen, Anästhesisten, Schlafmedizinern oder anderen Facharztbereichen.
Hendges fasste die aus seiner Sicht sinnvolle Strukturreformen in vier Punkten zusammen:
Stärkung der freiberuflichen und inhabergeführten Praxisstrukturen durch: Bürokratieentlastung, versorgungstaugliche Digitalisierung einhergehend mit dem Ende der Sanktionspolitik und Gewährleistung von Planungssicherheit für die Praxen.
Unterstützung bei der Sicherstellung einer flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung, indem es eine klare Trennung gibt von Aufgaben, die die Politik leisten muss, und denen, die die Zahnärzteschaft im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags leisten kann.
Regulierung der Gründungsmöglichkeiten von iMVZ
vollumfängliche Finanzierung der Parodontitisbehandlungsstrecke
Absage an Eingriffe in die Sicherstellung
Eine klare Absage erteilte der KZBV-Vorsitzende vor den rund 60 Delegierten der Vertreterversammlung den Bestrebungen der Politik, in die Sicherstellung der Versorgung einzugreifen. „Eingriffe der Politik in den Sicherstellungsauftrag der KZVen lösen das Problem von Versorgungsengpässen nicht. Erst recht sind Instrumente vom Reißbrett wie Zulassungsbeschränkungen kein Lösungsweg“, kritisierte Hendges.
Man benötige vielmehr regionalspezifische Lösungsansätze wie etwa Landzahnarztquoten oder Stipendien. Die Politik sei ihrerseits gefordert, infrastrukturell in ländlichen und strukturschwachen Bereich zu unterstützen.