Präventionserfolge als Vorbild für Reformen im Gesundheitswesen
„Völlig zurecht nimmt die Politik immer wieder Bezug auf die positiven Ergebnisse der in diesem Jahr veröffentlichten Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie. Die Gesundheitskompetenz und die Mundgesundheit in Deutschland haben sich stetig und nachhaltig verbessert. Der Schlüssel dieses Erfolges liegt in unserer konsequenten Präventionsausrichtung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Martin Hendges, den Delegierten der 7. Vertreterversammlung in Berlin.
Dies werde zwar seitens der Politik auch so wahrgenommen und es werde viel über Prävention gesprochen. „Das allein reicht aber nicht aus. Vielmehr sollte es der Bundesregierung ein Kernanliegen sein, diese Erfolge nachhaltig zu sichern und zum Vorbild für anstehende Reformen im Gesundheitswesen zu nehmen. Der zahnärztliche Bereich hat gezeigt, dass sich damit auch die GKV-Ausgaben stabilisieren lassen“, zeigte sich Hendges überzeugt.
Hendges: „Wir poltern nicht, wir überzeugen“
Der KZBV-Vorsitzende ging in seiner Rede umfassend auf die Politik der neuen Bundesregierung ein. So auch auf das erste gesundheitspolitische „Omnibus-Gesetz“ der Legislatur, das „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“, welches das „Kleine Sparpaket“ enthält und am 6. November 2025 im Bundestag beschlossen worden ist.
Drei Jahre nach dem Referenten-Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz „nehmen wir heute mit großer Genugtuung und Freude zur Kenntnis, dass die vertragszahnärztliche Versorgung im Sparpaket außen vor geblieben ist und Frau Warken nicht den Rasenmäher angeschmissen hat“, zeigte sich Hendges positiv gestimmt.
„Dieser Erfolg – und das sage ich mit Stolz – ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit. Wir haben es geschafft, die politischen Entscheidungsträger mit validen Daten und Fakten von der Sonderrolle der vertragszahnärztlichen Versorgung zu überzeugen“, sagte der KZBV-Vorsitzende und fügte hinzu: „Wir poltern nicht, sondern überzeugen und machen deutlich, welche Bedeutung die Selbstverwaltung hat und wie leistungsstark sie ist.“
Gleichzeitig verwies er auf bevorstehende Herausforderungen und hob besonders die Finanzkommission Gesundheit hervor, die bereits ihre Arbeit aufgenommen hat und Maßnahmenvorschläge zur mittel- und langfristigen Stabilisierung der GKV-Finanzen im Jahr 2026 erarbeiten soll.
„Ohne den Mitgliedern der Finanzkommission Gesundheit zu nahe treten zu wollen, sehe ich hier keine Fachexpertise in Richtung Zahnmedizin. Umso wichtiger ist es, dass Frau Warken ihr Versprechen eingelöst hat, uns als Selbstverwaltung in den Prozess einzubinden“, fügte Hendges hinzu. Man habe am Donnerstag die Fragebögen erhalten, um bis Ende November Vorschläge in die Finanzkommission einbringen zu können. „Um gut vorbereitet zu sein, haben wir bereits hausintern die Arbeit aufgenommen, um jetzt auf die möglichen Szenarien adäquate Antworten zu geben und aktiv unsere Vorschläge zu unterbreiten“, erläuterte Hendges.
BFB-Präsident Hofmeister: „Freiberuflichkeit ist kein Auslaufmodell“
In seinem Grußwort bei der 7. KZBV-Vertreterversammlung in Berlin hob der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB), Dr. Stephan Hofmeister, die Bedeutung der Freiberuflichkeit und der Selbstverwaltung hervor. Er berichtete vom ersten Tag der jungen Freien Berufe, der eine Woche zuvor stattfand. „Die wichtigste Botschaft dort war, dass anders als politisch häufig kolportiert, die Freiberuflichkeit kein Auslaufmodell ist“, erklärte Hofmeister, der auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist. Es habe sich vielmehr gezeigt, dass auch der Nachwuchs über alle Freien Berufe hinweg bereit sei, sich für Freiberuflichkeit zu engagieren.
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BFB-Präsident Dr. Stephan Hofmeister forderte mehr Beinfreiheit für die Selbstverwaltung.
„Ohne die selbstständigen Zahnärztinnen und Zahnärzte wird der künftige Versorgungsbedarf nicht zu decken sein“, zeigte sich der BFB-Präsident überzeugt. Angesichts des demografischen Wandels brauche man nicht weniger, sondern mehr Kolleginnen und Kollegen, die in die Niederlassung gehen. Gleichzeitig verwies er auf die Standorttreue der Freiberufler, die anders als große Unternehmen nicht einfach ihre Filialen schließen, wenn es wirtschaftlich gerade passe. „Die Allgemeinwohlorientierung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Freien Berufe“, sagte Hofmeister. Zudem seien sie mit 10,3 Prozent des Bruttoinlandproduktes ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Eine besondere Bedeutung komme der Selbstverwaltung zu. „Seit sieben Jahrzehnten zeigen wir, dass Selbstverwaltung wirkt“, bekräftige Hofmeister und kritisierte die immer größeren Eingriffe seitens der Politik in die Arbeit der Selbstverwaltung. Um vernünftig arbeiten zu können, brauche man aber „mehr Beinfreiheit und weniger Kontrollzwang“.
Nachbesserungsbedarf bei der TI gefordert
Dringenden politischen Handlungsbedarf sieht die KZBV-Spitze hinsichtlich der Ausgestaltung der Digitalisierungsprozesse. „In den vergangenen Monaten häufen sich in der TI die Störungen. Die für die Betriebsstabilität verantwortliche Gematik ist um Lösungen bemüht, hat aber keine Antwort auf die Misere. Dies zeigt, dass wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben“, stellte der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Georg-Pochhammer klar.
Man brauche eine klare und übergeordnete Zuständigkeit der gematik, um die Betriebsstabilität der TI wieder in den Griff zu bekommen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) müsse die Gematik dafür mit den notwendigen Befugnissen und Ressourcen ausstatten.
Auch bei der elektronischen Patientenakte (ePA) sieht Pochhammer Nachbesserungsbedarf: „Neben den technischen Störungen behindern funktionale Einschränkungen die Nutzung der ePA in den Praxen. Nach wie vor können die Aktensysteme keine nativen Bildformate aufnehmen und die Einführung einer Volltextsuche wird von der Politik immer weiter nach hinten verschoben.“ Das BMG müsse bei der Weiterentwicklung der ePA endlich die richtigen Schwerpunkte setzen, forderte Pochhammer. Dazu gehöre vor allem, dass sie in den Praxissoftware-Systemen störungsfrei, intuitiv und einfach genutzt werden kann.
ePA soll nicht zum Datengrab werden
Daran anknüpfend weist Meike Gorski-Goebel, seit Anfang Oktober stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende, darauf hin, dass die ePA eines Versicherten sukzessive befüllt werde. „Wichtig ist daher, von Anfang an großen PDF-Datenmengen und vor allem Datengräbern vorzubeugen“, betonte sie. Hierfür habe die KZBV für die strukturierten Medizinischen Informationsobjekte (MIO) „zahnärztlicher Implantatpass“ und „zahnärztlicher Basiseintrag“ Konzepte ausgearbeitet, die bei Priorisierung durch den Gesetzgeber bereitstehen.
Während das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ) – ein Leuchtturmprojekt, das aus der Selbstverwaltung heraus entwickelt wurde – bereits in den Praxen mit großem Erfolg etabliert sei, werde jetzt auch zwischen Dentallabor und Zahnarztpraxis ein zukunftsfähiger und sicherer elektronischer Datenaustausch (eLABZ) gewährleistet und damit eine weitere Landmarke in der Digitalisierung des Gesundheitswesens gesetzt. „Wir haben gezeigt, wie praxistaugliche Digitalisierung funktioniert“, bekräftigte Gorski-Goebel.




