Rechenmodell prognostiziert COVID-Verlauf
Ziel der österreichischen Studie, die bisher nur als nicht begutachtete Preprint-Version vorliegt, war es, auf der Grundlage routinemäßiger hämatologischer Parameter eine treffsichere und möglichst frühzeitige Vorhersage zur Sterbewahrscheinlichkeit beziehungsweise der Wahrscheinlichkeit eines unkomplizierten Krankheitsverlaufs zu machen.
Die Wissenschaftler erhofften sich, dass mithilfe der Prognose Patienten mit einer hohen Sicherheit früher aus den Krankenhäusern entlassen werden können und so zusätzliche freie Krankenhauskapazitäten schaffen.
Auf Basis der Daten von 363 überlebenden und 78 nicht-überlebenden, in Österreich hospitalisierten COVID-Patienten entwickelten sie ein Vorhersagemodell, das ausschließlich auf Routinedaten beruht. Anschließend validierten sie das Modell auf Basis der Daten von 492 Überlebenden und 61 Nicht-Überlebenden, die in Österreich und Schweden ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
Länderspezifische Unterschiede beeinflussen die Treffsicherheit
Am Ende hatten sie ein Rechenmodell entwickelt, das neben dem Alter sowie der Körpertemperatur des Patienten bei Einweisung die Werte der C-reaktiven Proteinkonzentration (CRP), Thrombozytenzahl und Kreatininkonzentration einbezieht – und auf Basis dieser Werte bereits am fünften Tag im Krankenhaus mit einer 93-prozentigen Wahrscheinlichkeit korrekt vorhersagte, ob der Patient einen leichten oder schweren Verlauf erleiden würde. Die Schwankungsbreite der Vorhersagewahrscheinlichkeit betrug bei einer Kohorte von Wiener Patienten 90 bis 96 Prozent, bei einer Kohorte in Linz 88 bis 98 Prozent.
Die wichtigste Einschränkung ist nach Ansicht der Autoren die Ungewissheit, ob das Modell in anderen geografischen Regionen als Österreich angemessen funktioniert. Die Validierung in einer relativ kleinen schwedischen Kohorte zeigte eine deutlich schlechtere Modellleistung (77 Prozent) als in den zwei österreichischen Kohorten.
Die Autoren führen dies jedoch auf die erheblichen Unterschiede zwischen der österreichischen und der schwedischen Kohorte zurück.
Wichtiger Hinweis zur Abschätzung der Sterbewahrscheinlichkeit
So unterschieden sich die Aufnahmekriterien zwischen Österreich und Schweden, als die Patienten ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Während schwedische Patienten nur aufgenommen wurden, wenn sie zusätzlichen Sauerstoff benötigten, war die Indikation für einen Krankenhausaufenthalt in Österreich weitaus freizügiger. Folglich wurden Patienten in Schweden in einem späteren Stadium der Krankheit ins Krankenhaus eingeliefert. Darüber hinaus traf der Höhepunkt der ersten Pandemiewelle Schweden weit stärker als Österreich, was auch die klinische Versorgung beeinflusste.
Nach Ansicht der Autoren liefert das Rechenmodell einen wichtigen Hinweis, wie anhand von routinemäßig in Krankenhäusern erhobenen Daten besser die Sterbewahrscheinlichkeit von stationären COVID-Patienten abgeschätzt werden kann.
Stefan Heber et al., "Development and external validation of a logistic regression derived formula based on repeated routine hematological measurements predicting survival of hospitalized Covid-19 patients",
medRxiv 2020.12.20.20248563;