Rund 132 Millionen Euro Schaden für die GKV
Obwohl während der Corona-Pandemie nicht in der bisherigen Intensität geprüft werden konnte, beträgt der Schaden bei Falschabrechnungen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung rund 132 Millionen Euro. Davon konnte nur weniger als die Hälfte zurückgeholt werden, wie der GKV-Spitzenverband in seinem neuen Bericht zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen darlegt. Die hohen Millionenbeträge fehlten der Solidargemeinschaft bei der Versorgung der Versicherten, so der Verband.
Wie aus dem Bericht für die Jahre 2020/21 hervorgeht, liegen 17 Prozent weniger Neufälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen vor. Damit sei zunächst ein Rückgang verfolgter Neufälle zu verzeichnen (2020/2021: 23.341 Neufälle; 2018/2019: 28.197 Neufälle). Ebenso verringerten sich auch die bei den Kassen angezeigten Fehlverhaltens-Hinweise um 6,5 Prozent (2020/2021: 39.600 Hinweise; 2018/2019: 42.350 Hinweise).
Nach Einschätzung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen ist dies auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, da unter anderem die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt wurden. Die Pandemie habe zudem die Hinweisprüfung und die Ermittlung von Neufällen verzögert sowie die Verfahrensdauer der verfolgten Bestandsfälle verlängert. Der Bericht erscheine alle zwei Jahre.
Die Häusliche Krankenpflege wird zum Brennpunkt
Grundsätzlich seien alle Leistungsbereiche der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch Unregelmäßigkeiten betroffen, so etwa die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, die Abrechnung nicht mit vertragsgemäßer Qualifikation erbrachter Leistungen, unzulässige Zusammenarbeit oder Urkundenfälschung. Die mit Abstand höchsten Forderungen von über 14,96 Millionen Euro seien im Leistungsbereich der Häuslichen Krankenpflege gesichert worden. Erstmals seien hier aber auch die mit Abstand höchsten Schäden in Höhe von 29,60 Millionen Euro entstanden. Die Häusliche Krankenpflege entwickele sich damit zu einem Brennpunkt der Fehlverhaltensbekämpfung im Gesundheitswesen, heißt es in dem Bericht.
Auch im zahnärztlichen Bereich weist der Bericht Angaben aus, die allerdings im Vergleich zu anderen Leistungsbereichen gering ausfielen. So werden entstandene Schäden mit 941.361 Euro angegeben, die gesicherten Forderungen mit 998.110 Euro.
Laut dem tellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes Gernot Kiefer ist die Schadenssumme von 132 Millionen Euro vermutlich nur ein Bruchteil des tatsächlichen Schadensumfangs, denn das Dunkelfeld sei bekanntermaßen sehr viel höher. Kiefer: „Wir appellieren an die Bundesregierung, eine kriminologische Dunkelfeldstudie zu veranlassen, wie es die Justizministerkonferenz bereits im letzten Jahr einstimmig beschlossen hat.“
In der Zahmedizin sind die Schäden vergleichsweise gering
Der GKV-Spitzenverband weist darauf hin, dass Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen ein „Kontrolldelikt“ sei. Nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) müsse bei der Bekämpfung von Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen von einem erheblichen Dunkelfeld ausgegangen werden. Während es in den europäischen Nachbarländern bereits umfangreiche kriminologische Dunkelfeldforschung zum Gesundheitswesen gebe, suche man eine belastbare Dunkelfeldstudie in Deutschland nach wie vor vergeblich.
Wie der Verband weiter meldet, fügen Abrechnungsbetrug und Korruption der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung jedes Jahr Millionenschäden zu. Damit derartiges Fehlverhalten effektiv verfolgt und wirksam geahndet werden könne, seien bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, ihren Verbänden und beim GKV-Spitzenverband Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen eingerichtet worden.