Internationale Lancet-Studie

SARS-CoV-2 greift die Nebennieren an

ck/pm
Gesellschaft
Eine COVID-19-Erkrankung greift die Nebennieren und damit das zentrale Stressorgan des Menschen an. Das konnten jetzt Wissenschaftler der TU Dresden mit Kollegen aus Regensburg, London und Zürich zeigen.

Die Nebennieren sind bekanntlich anfällig für sepsisbedingte Organschäden, und ihre starke Vaskularisierung und Blutversorgung macht sie besonders anfällig für Endothelfehlfunktionen und Blutungen. Dementsprechend wurde bei Patienten mit COVID-19 bereits über Nebennieren-Endothelschäden, bilaterale Blutungen und Infarkte berichtet.

Das Gewebe war von Immunzellen infiltriert

Dass die Nebenniere häufig von Bakterien und Viren angegriffen wird, konnte bereits beim Auftreten des SARS-CoV-Virus gezeigt werden, das für den Ausbruch von SARS in Asien von 2002 bis 2004 verantwortlich war. Nun haben Forscher aus Dresden, London, Regensburg und Zürich herausgefunden, dass sie wichtige Zielorgane des SARS-CoV-2-Virus sind. Ausgewertet wurden die Daten von 40 Patienten, die am und mit dem Coronavirus verstorben waren. Die Proben stammten von den Pathologiezentren in Regensburg, Dresden und Zürich.

Die pathologische Untersuchung der Gewebeproben lieferte eindeutige Anzeichen von Nebennierenentzündungen. Das Gewebe der Nebenniere war dabei bis in die kleinsten Gefäße von Immunzellen infiltriert. In den Bereichen der Nebenniere, in denen das Virus nachgewiesen werden konnte, fanden die Forscher zudem Anzeichen für Zellschädigung bis hin zu abgestorbenen Zellarealen.

das Virus befällt direkt das Stresssystem

Der Angriff von COVID-19 richtet sich zunächst auf die Nebennierenrinde. Dort führt eine Infektion unmittelbar zu einem Zelltod. Die Schädigung des Nebennierenmarks ist dagegen offenbar die Folge einer systemischen Entzündung. Dabei könnten die aus einer COVID-19 resultierenden Zellschäden in der Nebennierenrinde eine Prädisposition für eine spätere Nebennierenfunktionsstörung auslösen. Die Ergebnisse der neuesten Arbeit zeigen nun erstmals, dass das Virus direkt und in relevantem Umfang das Stresssystem befällt.

Zusammenfassend beobachteten die Autoren keine weit verbreitete Degradation der Nebennieren, die zur Manifestation der Nebennierenkrise führen könnte. Die Studie zeigt jedoch, dass die Nebenniere ein wichtiges Ziel für die Virusinfektion und die daraus resultierenden zellulären Schäden ist, die eine Prädisposition für eine Nebennierenfunktionsstörung auslösen könnten.

Inwieweit diese Veränderungen direkt zur Nebenniereninsuffizienz beitragen, die bei einigen Patienten mit COVID-19 beobachtet wurde, oder gar zu Long-COVID führen, bleibt unklar. Dieser Frage muss in weiteren großen multizentrischen klinischen Studien nachgehen werden.

Kanczkowski W, Evert K, Stadtmüller M, Haberecker M, Laks L, Chen LS, Frontzek K, Pablik J, Hantel C, Beuschlein F, Kurth T, Gruber S, Aguzzi A, Varga Z, Bornstein SR. COVID-19 targets human adrenal glands. Lancet Diabetes Endocrinol. 2021 Nov 18:S2213-8587(21)00291-6. doi: 10.1016/S2213-8587(21)00291-6. Epub ahead of print. PMID: 34801110; PMCID: PMC8601687.

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