"Selbstbewusstsein und Sicherheit wachsen!"
Herr Prof. Dick, was hat Sie bewogen, einen Master für Zahnärzte aus der Taufe zu heben?
Prof. Michael Dick:Es war eine neugierig machende Anfrage aus Karlsruhe, die sich schnell als ernsthaft und gut überlegt herausstellte. Für uns Bildungswissenschaftler ergab sich die Möglichkeit, unser Verständnis von Profession, beruflicher Entwicklung oder Qualitätsförderung konkret auf die Probe zu stellen. Dass wir dies für mindestens zehn Jahre tun würden, war damals nicht abzusehen.
Welchen Benefit haben die Zahnärzte konkret von dem Master?
Der ist vielfältig. Zwei Jahre Studium geben zahlreiche Impulse, die sich unmittelbar auf die Praxis auswirken, sei es durch die Erweiterung des Behandlungsspektrums, die Verfeinerung von Techniken, oder durch einen anderen Umgang mit dem Personal. Auch das Selbstbewusstsein und die Sicherheit, etwas richtig zu machen, wachsen. Schließlich - und oft unterschätzt: das kollegiale Netzwerk, das sich über die zwei Jahre Studium und danach entwickelt und das sich besonders dann bewährt, wenn man in schwierigen Situationen Unterstützung braucht.
Wie kann der Zahnarzt durch einen Master denn sein Selbstbewusstsein stärken?
Sie wissen Genaueres darüber, was Sie können und was Sie nicht können. Es gibt vieles, dass wir richtig machen ohne zu wissen warum. Hierfür die wissenschaftlich untermauerten Argumente zu kennen bedeutet, meine Haltung auch nach außen, dem Patienten oder anderen Fachleuten gegenüber vertreten zu können. Ebenso gibt es Situationen, in denen wir unsicher sind, und die wir mit den Kollegen besprechen. Zu wissen, wie es anderen geht, hilft dabei, sich selbst richtig und kritisch einzuschätzen.
Die Teilnehmer analysieren regelmäßig die Stellung der zahnärztlichen Profession in der Gesellschaft - mit welchem Ergebnis?
Das wichtigste Ergebnis ist wohl, dass die ärztliche Tätigkeit nicht zu ersetzen ist - weder durch eine umfassende datenbasierte Diagnostik noch durch die Technisierung von Therapieverfahren. Wichtig ist auch, dass das Vertrauen der Patienten in die Person des Arztes ungebrochen hoch ist - egal welche Klischees oder Skandale gerade in den Medien sind.
Ergeben sich mit dem Master neue Berufsfelder für Zahnärzte?
Inzwischen haben ja einige der Absolventen in den Bildungswissenschaften promoviert. Den einen oder die andere würde ich bei mir sofort einstellen. Aber im Ernst: Die Teilnehmer bleiben gerne Zahnärzte, manche engagieren sich stärker in der Standesvertretung, andere stärker in der Forschung.
Welche Kenntnisse müssen Zahnärzte für den Studiengang mitbringen?
Formal: die Approbation, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und die deutsche Sprache. Interesse an der eigenen Entwicklung und an Kolleginnen und Kollegen sind eine gute Ausgangsmotivation.
Und was bedeutet Ihnen der Master persönlich?
Der Studiengang ist eine große Bereicherung auch für meine berufliche Tätigkeit, durch ihn lerne auch ich als Dozent viel und stetig dazu.
Die Fragen stellten Daniela Goldscheck und Sara Friedrich.
Der Masterstudiengang „Integrated Practice in Dentistry“ wird in Public-Private-Partnership mit der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung durchgeführt. Er verbindet zahnmedizinisches Spezialwissen - das der Partner aus Karlsruhe einbringt –-mit pädagogischen, sozial- und organisationswissenschaftlichen Inhalten zu einem interdisziplinären Angebot, das sich ausschließlich an approbierte Zahnärzte richtet. Inhaltlich sollen integriertes Denken in einem interdisziplinären Ansatz vermittelt werden.
Michael Dick ist Diplom-Psychologe und Professor für Betriebspädagogik an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg mit den Forschungsgebieten Arbeits- und Organisationspsychologie, Professionsentwicklung, Lernen im Prozess der Arbeit, Qualitative Sozialforschung. Seit 2014 ist er Dekan der Fakultät für Humanwissenschaften, seit 2004 Ko-Studiengangleiter des berufsbegleitenden Master-Studiengangs „Integrated Practice in Dentistry“. Kontakt zum Fachstudienberater:Prof. Dr. Winfried Marotzki