So bewältigt das UZB in Basel die Corona-Krise
Gegen Ende Januar 2020 nahmen wir im UZB zum ersten Mal bewusst Kenntnis von einem Virus, der sich von China aus über die Welt zu verbreiten schien. Als erste Maßnahme haben wir unser Dentaldepot aufgefordert, die Bestände an Masken, Desinfektionsmitteln und Handschuhen aufzustocken - eine Maßnahme, die sich in der Folge als goldrichtig erweisen sollte.
Bereits am 31. Januar lag ein erstes Konzept zum Umgang mit Verdachtsfällen vor, dies auch in Anlehnung an Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und Konzepte der Spitäler. An allen Eingängen wurden Händedesinfektionsmittelspender aufgestellt und die Mitarbeitenden und die Patienten aufgefordert, beim Betreten des Gebäudes die Hände zu desinfizieren.
Ab Ende Februar hieß es: Hände schütteln verboten!
Dann blieb es relativ ruhig, aber ab dem 25. Februar ging es Schlag auf Schlag. Die ersten Fälle traten in der Schweiz auf. Die Verunsicherung bei den Patienten und den Mitarbeitenden nahm enorm zu, neben den zu ergreifenden Maßnahmen war Kommunikation nun zentral. Wir haben uns dabei immer strikt an die Weisungen und Informationen des BAG und des Gesundheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt gehalten. Es gab daneben unzählige Informationen und Gerüchte. Deshalb war es wichtig, nur "offizielle" Informationen weiterzugeben. Dies hat sich sehr bewährt.
Am 27. Februar haben wir entschieden, dass "Hände schütteln" im UZB ab sofort verboten ist, dies noch bevor das BAG eine entsprechende Weisung erteilte. Entsprechende selbst gestaltete Plakate wurden im ganzen Haus aufgehängt. Am 28. Februar war die Krise mit der Absage von Großveranstaltungen wie beispielsweise der Fasnacht endgültig bei uns angekommen. In den folgenden Tagen war bereits ein deutlicher Rückgang der Patientenzahlen zu spüren, da die Patienten Angst hatten. Ab März trafen sich die Klinikleiter zusammen mit dem CEO jeweils am Morgen vor Arbeitsbeginn zu einer Lagebesprechung.
Anfang März der Schock: Der erste Mitarbeiter ist infiziert
Diese vorerst informelle Runde wurde ab Mitte März zum offiziellen Krisenstab des UZB unter dem Namen "Task Force Corona". Anfang März hatten wir auch die ersten Mitarbeitenden, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, was zu einer noch größeren Verunsicherung bei der Belegschaft führte. Immer mehr trat noch auch das Thema der Risikogruppen in den Vordergrund: Wer darf noch arbeiten, wer sollte Zuhause bleiben, was sind die arbeitsrechtlichen Konsequenzen, etc. Das BAG und die kantonale Verwaltung publizierten Merkblätter und Weisungen im Stundentakt und es war enorm anspruchsvoll, den Überblick zu behalten.
Ebenfalls anfangs März machten wir erste Abklärungen, welche Arbeiten in Homeoffice erledigt werden können und welche technischen Voraussetzungen dazu notwendig sind. Mit der Cafeteria wurde geklärt, wie das damals noch "social distancing" genannte Abstandhalten gewährleistet werden kann. Von Beginn bis Mitte März wurden im UZB bereits viele Maßnahmen umgesetzt respektive geplant, bei denen es aufgrund der vorliegenden Informationen wahrscheinlich war, dass sie früher oder später ehe ergriffen werden mussten.
Ab 19. März wechselte das UZB in den reinen Notfallmodus
Bis Mitte März passierte relativ wenig, das Wochenende vom 14./15. März hatte es dann in sich. Am 13. März kündigte der Bundesrat an, dass die Schulen geschlossen würden. Am 15. März preschte Baselland vor und kündigte auch die Schließung von Läden und Geschäften mit Publikumsverkehr an. Diese Maßnahmen dehnte der Bundesrat am 16. März auf die ganze Schweiz aus, zudem verfügte er, dass im medizinischen und zahnmedizinischen Bereich nur noch Notfallbehandlungen zugelassen sind. Der Lockdown war Tatsache.
Ab dem 17. März traf sich die Task Force Corona in einem Sitzungsraum, in dem die Einhaltung der Abstandsregeln möglich war. Es stellte sich die Aufgabe, die sogenannte Covid-19-Verordnung II des Bundesrats so rasch wie möglich umzusetzen. Am 18. März konnte ein entsprechendes Betriebskonzept bereits allen Mitarbeitenden kommuniziert werden, ab dem 19. März war das UZB im reinen Notfall-Modus.
Das Betriebskonzept umfasste folgende wichtige Elemente:
Umstellung auf reinen Notfallbetrieb. Alle Stockwerke mit Ausnahme des Erdgeschosses wurden weitgehend geschlossen, sämtliche Patiententermine um- bzw. abbestellt und die Öffnungszeiten angepasst.
Umsetzung des Schutzkonzepts mit Vortriagierung bezüglich möglicher COVID-Erkrankung und Einrichtung eines speziellen COVID-Zimmers zur Behandlung von Verdachtsfällen mit der entsprechenden Schutzausrüstung.
Kommunikation des neuen Behandlungskonzepts auf der Homepage
Umstellung auf Online-Lehrbetrieb mittels Zoom. Sämtliche Vorlesungen mussten entsprechend umgestaltet und die Studierenden über das Zugangsprozedere informiert werden.
Umstellung auf Homeoffice bei sämtlichen Arbeiten, die nicht zwingend im Haus gemacht werden mussten. Dies bedingte, dass die IT innerhalb kürzester Zeit etwa 70 Homeoffice-Arbeitsplätze installierte.
Aufschalten einer webbasierten und passwortgeschützten Info-Plattform, um die Mitarbeitenden, die nicht im Haus waren, mit Informationen zu versorgen, insbesondere auch bezüglich der Einsatzpläne.
Erstellen einer E-Mail-Verteilerliste mit den privaten E-Mail-Adressen aller Mitarbeitenden, um im Bedarfsfall schnell und direkt informieren zu können.
Die Krise brachte den kompromisslosen Sprung ins digitale Zeitalter
Die Task Force Corona traf sich in der Folge ebenfalls nur noch virtuell mittels Zoom. In den Meetings wurde der Stand der Umsetzung des Betriebskonzepts besprochen und notwendige Verbesserungen wurden laufend vorgenommen. Es stellten sich immer wieder Detailfragen, die geklärt werden mussten: Wie verhält sich die Lüftung in den Behandlungszimmern? Können die Fenster genügend geöffnet werden? Bringt ein Luftreinigungsgerät etwas? Kann weiterhin mit Lachgas behandelt werden? Welche zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen sind notwendig? Welche Mundspüllösungen sollen verwendet werden?
Der gemeinsame Standort, die moderne Infrastruktur und die bereits enge organisatorische Verzahnung der Kliniken mit der zentralen Leitung durch einen Geschäftsführer erwiesen sich nun als großer Vorteil. So musste nur ein Betriebskonzept erstellt werden, welches von allen Kliniken mitgetragen wurde. Die moderne IT-Infrastruktur ermöglichte es, den erzwungenen Sprung ins digitale Zeitalter praktisch ohne Friktionen zu vollziehen. Zentral bei der Umsetzung war auch der Technische Dienst, der die beschlossenen baulichen und infrastrukturellen Maßnahmen jeweils sofort umsetzte.
Im Lockdown schrumpfte die tägliche Patientenzahl von 400 auf 50
Ab dem 19. März wurden während des Lockdowns im UZB noch etwa 50 Patienten pro Tag behandelt im Vergleich zu den üblichen 350 bis 450 Patiententerminen. Dank der frühzeitigen Aufstockung des Schutzmaterials herrschte im UZB diesbezüglich nie ein Engpass. Trotzdem war die Beschaffung von weiterem und vor allem zusätzlichem Schutzmaterial ein Dauerthema. MNS-, FFP2- und KN95-Masken wurden auf allen möglichen und unmöglichen Kanälen beschafft, teils zu Preisen, die wenige Wochen vorher noch undenkbar waren. Im Zentrum stand aber der Schutz der Patienten und der Mitarbeitenden.
Das Konzept spielte sich rasch ein, die Online-Lehrveranstaltungen konnten durchgeführt werden, die Homeoffice-Arbeit klappte ebenfalls, erfreulicherweise gab es keine neuen COVID-Fälle bei Mitarbeitenden, und das spezielle Behandlungszimmer für Verdachtsfälle musste nur äußerst selten benutzt werden.
Die Rückkehr zum Normalbetrieb erfolgte gestuft
Mitte April war dank der sinkenden Fallzahlen absehbar, dass es eventuell Ende April eine Lockerung der Maßnahmen auch für den zahnärztlichen Bereich geben könnte. Entsprechend machte sich die Task Force Corona Gedanken, wie der Betrieb nach einer allfälligen Aufhebung des Lockdowns wieder hochgefahren werden konnte. So waren wir am 16. April bereits gut vorbereitet, als der Bundesrat grünes Licht gab, dass ab dem 27. April wieder praktisch alle zahnärztlichen Behandlungen erlaubt werden, allerdings unter strengen Schutzauflagen. Der erste Entwurf eines Betriebskonzepts lag am 18. April vor, die definitive Version wurde den Mitarbeitenden am 20. April zugestellt.
Die größte Herausforderung für den Restart lag und liegt in der Einhaltung der Abstandsregeln bei Vollbetrieb, wenn neben den 280 Mitarbeitenden und 100 Studierenden während eines Tages 350 bis 450 Patienten im Haus zirkulieren. Die Task Force Corona beschloss deshalb, die Patientenzahlen über vier Wochen langsam hochzufahren, um die Konzepte testen und Anpassungen vornehmen zu können. Dies erwies sich als außerordentlich hilfreich. Das Betriebs- und Schutzkonzept enthält unter anderem folgende wichtigen Maßnahmen:
Schrittweises Hochfahren des Betriebes mit wöchentlich steigenden Patientenzahlen
Schrittweise Ausdehnung der Öffnungszeiten
Versetzte Arbeitsbeginn-, Mittags- und Arbeitsende-Zeiten für die einzelnen Kliniken, um die Personenströme beim Personaleingang, in den Garderoben, den Pausenräumen und der Cafeteria besser zu verteilen.
Zeitlich versetztes Einbestellen der Patienten, um die Personenströme im Empfang und den Wartebereichen besser zu verteilen.
Einrichtung eines zusätzlichen Empfangsschalters, um die Vortriagierung zu beschleunigen.
Einrichten einer Zugangs-Signalisation zum Gebäude, welche auf Rot geschaltet wird, wenn sich zu viele Personen im Empfangsbereich befinden.
Maskenpflicht für alle Personen, die sich im Haus bewegen
Fiebermessung und Ausfüllen eines Corona-Triage-Blatts für alle Patienten
Benutzung von FFP2- respektive KN95-Masken, Face Shields und Kopfhauben bei allen Behandlungen, bei denen sich Aerosole nicht vermeiden lassen.
Weitgehender Verzicht auf Ultraschall und Verbot der Benutzung von Airflow und Turbinen
Zur Verfügung Stellen eines Q&A-Fragebogens für die Mitarbeitenden, die Patienten telefonisch einbestellen, um den Ängsten und Bedenken der Patienten adäquat zu begegnen.
Detaillierte Weisung zur Behandlung von Risikopatienten
Definition der Kommunikation gegenüber den Patienten mittels Homepage und Postern in den Empfangs- und Wartebereichen
Definition der Bereitstellung der zusätzlichen neuen Schutzmaterialien durch das Dentaldepot
Ab dem 11. Mai durften mit ausdrücklicher Genehmigung des BAG auch die klinischen Kurse für die Studierenden wieder durchgeführt werden, obwohl der Präsenzunterricht an den Universitäten ansonsten noch verboten ist. So kann sichergestellt werden, dass die Studierenden, die im Sommer ihr Zahnmedizinstudium abschließen, die notwendigen praktischen Kenntnisse haben.
Seit dem 18. Mai ist das UZB wieder im Vollbetrieb: Alle Mitarbeitenden, die für die Patientenbehandlung benötigt werden, sind wieder im Haus. Nach wie vor gilt, dass Arbeiten so weit wie möglich in Homeoffice gemacht werden. Der Vorlesungsbetrieb erfolgt ausschließlich via Zoom, auch finden praktisch sämtliche Meetings online statt.
Schutzmaßnahmen wurden größtenteils sehr gut befolgt
Abgesehen vom großen finanziellen Schaden ist das UZB relativ gut durch die Corona-Krise gekommen. Insgesamt sind vier Mitarbeitende positiv auf COVID-19 getestet worden, glücklicherweise sind alle wieder gesund. Ob die Ansteckung im Haus erfolgt ist, konnte nicht ermittelt werden. Ebenso mussten nur wenige Patienten mit Verdacht auf COVID-19 behandelt werden.
Die im Rahmen des Restarts implementierten Schutzmaßnahmen werden größtenteils sehr gut befolgt, und zwar durch die Patienten, die Studierenden und die Mitarbeitenden. Die größte Herausforderung sind die Behandlungseinschränkungen für die Dentalhygienikerinnen und die Prophylaxe-Assistentinnen, da der weitgehende Verzicht auf Ultraschall die Arbeit enorm erschwert.
Folgende Faktoren waren entscheidend für die Bewältigung der Krise
Folgende Faktoren waren entscheidend für die Bewältigung der Krise
Das UZB hat dank seiner Größe das Know-how und die Ressourcen, um eine solche Krise professionell zu bewältigen. Gleichzeitig ist das UZB klein genug, um schnell zu reagieren, die Mitarbeitenden eng zu führen und zeitnah zu informieren und Maßnahmen sofort umzusetzen
Dank der Konzentration des UZB an einem Standort musste nur ein Betriebskonzept erarbeitet und in Kraft gesetzt werden. Die Organisationsstruktur des UZB mit einer zentralen Führung erlaubte in der Krisensituation rasche Entscheidungen.
Die enge Verzahnung der Kliniken erlaubte es, in der Task Force Corona sehr gute Konzepte in kürzester Zeit zu erarbeiten, diese gemeinsam zu verabschieden und damit eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitenden zu erzielen. Eine kontinuierliche, sachliche, zeitnahe und persönliche Information der Mitarbeitenden war zentral, um keine Panik entstehen zu lassen und Sicherheit zu schaffen.