Umfrage der KV Berlin zum MFA-Mangel

So weh tun die Personallücken!

LL
Gesellschaft
Immer mehr Medizinische Fachangestellte (MFA) wandern in andere Gesundheitsbereiche wie Kliniken ab, wo höhere Gehälter gezahlt werden, oder sie wechseln ganz den Beruf. Das zeigt eine Umfrage der KV Berlin.

"Die Niederlassung wird immer unattraktiver, die Suche nach Praxisnachfolgern gestaltet sich zunehmend schwieriger und die Praxen haben immer größere Probleme, offene Stellen zu besetzen. Eine unzureichende Finanzierung des ambulanten Bereichs, der Trend zur Anstellung und der demografische Wandel lassen die Versorgungslücken immer größer werden. Die ambulanten Strukturen drohen zu bröckeln." Zu dem Schluss kommt die KV Berlin.

Vor allem der Personalmangel habe sich zu einem großen Problem entwickelt, teilt die KV mit und verweist auf eine große Befragung, die sie im Frühjahr durchgeführt hatte: Über 1.066 Haus- und Facharztpraxen äußerten sich im Mai zu ihren Erfahrungen mit dem MFA-Mangel. 824 vollständige Datensätze gingen in die Auswertung ein, die die Hauptursachen und die Abwanderung aus Sicht der Praxisinhaber offenlegt.

Das Gehalt zählt

Wie die Umfrage zeigt, betreffen 79 Prozent der vom Personal an die Praxisinhaber adressierten Wünsche Gehaltserhöhungen, gefolgt von Bonuszahlungen mit rund 50 Prozent. Danach kommen flexible Arbeitszeiten mit knapp 40 Prozent, zusätzliche Urlaubstage mit gut 35 Prozent sowie die Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung mit 25,7 Prozent. Bei rund 69 Prozent der Befragten arbeiten die MFA im Durchschnitt mindestens fünf Jahre in der Praxis. Rund 32 Prozent bezahlen nach Tarif, die Hälfte darüber hinaus.

Wenn MFA eine Praxis verlassen, wechseln sie häufig den Beruf – das geben 42 Prozent der Befragten an. Es kommt aber auch oft vor, dass ausscheidende MFA den Versorgungsbereich wechseln (34 Prozent) oder die Praxis (40 Prozent). Das hat zur Folge, dass fachfremdes Personal einspringen muss: Fast die Hälfe der befragten Praxen beschäftigt Quereinsteiger für MFA-Tätigkeiten. Dabei handelt es sich vorrangig um administrative Aufgaben wie die Besetzung des Empfangs, Telefondienst und Terminvergabe.

MFA gehen dem ambulanten System verloren

Eingesetzt werden überwiegend Assistentinnen aus anderen medizinischen Bereichen, Medizinstudierende, Personen aus der Pflege und sozialen Berufen, Ärzte aus dem Ausland, die auf ihre Berufsanerkennung warten. Quereinsteiger kommen aber auch aus Tourismus, Einzelhandel und der Verwaltung. Doch auch wenn fachfremdes Personal viele Aufgaben übernehmen kann, sehr motiviert ist und oft eine hohe digitale Kompetenz besitzt, bleiben Arbeiten am Personal oder den Ärzten selbst hängen, weil grundlegende berufsspezifische Kenntnisse fehlen. Außerdem ist den befragten Ärzten zufolge mehr Kontrolle nötig.

Über die Hälfte der Praxisinhaber sucht demzufolge aktuell MFA. Gut 56 Prozent davon suchen zwischen mehreren Monaten bis zu einem halben Jahr. Rund 9 Prozent gaben an, sogar länger als ein Jahr zu suchen. Insgesamt 87 Prozent der Befragten gaben an, dass die Suche in den letzten Jahren schwieriger geworden sei.

Darum ist die Personalsuche so schwer

Für viele der Befragten sind eine unattraktive Bezahlung (64 Prozent) und eine geringe politische Wertschätzung (gut 60 Prozent) der Grund dafür, dass sie immer schwerer Personal finden. Hinzu kommen zu viele administrative Tätigkeiten (48 Prozent) und eine hohe psychische Belastung (49 Prozent). Für fast 66 Prozent ist auch die hohe Anspruchsanhaltung und ein teils respektloses Verhalten von Patienten ein Grund, warum sie Probleme bei der Personalsuche haben.

In den Kommentarfeldern wurde noch angegeben. „Keine Karriere-Möglichkeit und zu hohe Arbeitsbelastung sowie schlechte Bezahlung. Die Praxen können sich auch keine hohen Gehaltszahlungen finanziell leisten. Immer mehr Patienten und unzureichende Honorierung der Leistung.“ Oder auch: „Weil es offenbar zu wenige MFA gibt und wir mittlerweile mit Kliniken konkurrieren, die absurde Gehälter bezahlen.“

Als Hauptursachen für den Fachkräftemangel nennen 75 Prozent die Unterfinanzierung des ambulanten Systems und die daraus resultierenden geringeren Löhne für MFA. Eine weitere Ursache sind für 41 Prozent die sich ständig ändernden politischen Rahmenbedingungen. Nicht zuletzt scheint das Berufsbild der MFA für den Nachwuchs unattraktiv zu sein, meinen 40 Prozent der Praxisinhaber.

Aus 529 Antworten wurden diese Lösungsansätze am häufigsten genannt:

  • eine bessere Finanzierung des ambulanten Systems und eine bessere Vergütung der ärztlichen Leistungen, um MFA höhere Gehälter bezahlen zu können

  • eine bessere Bildung/ Schulbildung. Auszubildenden und jungen MFA mangele es oft an schulischen Grundkenntnissen.

  • Attraktivität des Berufs mit Image- und Werbekampagnen steigern

  • eine essere Ausbildung und vereinfachtere Fortbildungsmöglichkeiten

  • bessere Arbeitsbedingungen, Bürokratieabbau, funktionierende und praxisorientierte Digitalisierung

  • erleichterte Zugangsbedingungen für ausländische Fachkräfte

  • Mehr Wertschätzung für den Beruf – von der Politik und der Gesellschaft

Fehlen Mitarbeiter in der Praxis, führt das in erster Linie zu Mehrbelastung (82 Prozent), auch Ärzte selbst übernehmen zusätzlich MFA-Tätigkeiten (69 Prozent). Lässt sich die fehlende Kraft nicht kompensieren, führt das letztendlich auch zu weniger Leistungen für Patienten und längeren Wartezeiten. Rund 32 Prozent überlegen sogar wegen fehlendem Personal die Praxis aufzugeben.

Befragt wurden 1.066 Berliner Arztpraxen aller Fachgruppen, 824 vollständige Datensätze sind in die Auswertung eingeflossen. 67 Prozent waren Einzelpraxen. 45 Prozent der Befragten sind hausärztlich tätig, 55 Prozent fachärztlich. Zwei Drittel haben zwischen drei und zehn Angestellte, davon 20 Prozent mehr als fünf. Acht von zehn Praxen beschäftigen zwischen einer und fünf MFA. Bei rund 50 Prozent der Befragten arbeiten MFA überwiegend in Teilzeit.

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