Soziale Isolation erhöht Risiko von Zahnverlust
Ältere Erwachsene, die sozial isoliert sind, haben im Durchschnitt höhere Zahnverlustraten und weniger verbliebene Zähne im Vergleich zu anderen Personen ihrer Altersgruppe, die mehr soziale Kontakte haben. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende aus China im Rahmen einer Studie an chinesischen Senioren, die hierfür Daten von insgesamt 4.268 Personen über einen Zeitraum von sieben Jahren analysierten. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift „Community Dentistry and Oral Epidemiology“veröffentlicht.
Jeder dritte ältere Erwachsene weltweit einsam
In einigen Ländern ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jeder dritte ältere Erwachsene einsam. Soziale Isolation und Einsamkeit gelten als Risikofaktoren für Herzkrankheiten, psychische Störungen und kognitiven Abbau. Die Corona-Pandemie hat diese Probleme noch verschärft, da viele persönliche Kontakte eingeschränkt oder unterbrochen wurden, um ältere Menschen vor einer Infektion zu schützen.
Soziale Isolation ist nicht gleich Einsamkeit
Dabei ist zwischen sozialer Isolation und Einsamkeit zu unterscheiden: Soziale Isolation ist ein objektives Maß, während Einsamkeit das Gefühl ist, das durch einen Mangel an sozialen Kontakten entstehen kann. Dabei muss soziale Isolation nicht mit einem Gefühl der Einsamkeit einhergehen – und umgekehrt. Trotz regelmäßiger sozialer Kontakte fühlen sich manche Menschen einsam, während nicht bei allen sozial isolierten Personen gleichzeitig ein Gefühl von Einsamkeit auftritt. In der vorliegenden Studie wurde soziale Isolation anhand folgender Punkte gemessen: alleinlebend, kein / seltener sozialer Kontakt mit anderen Personen, fehlende Unterstützung und Teilnahme an sozialen Aktivitäten.
Mehr als ein Viertel der Teilnehmenden sozial isoliert
Um den Zusammenhang zwischen sozialer Isolation, Einsamkeit und Zahnverlust bei Senioren zu verstehen, analysierten die Forschenden im Rahmen der Chinese Longitudinal Healthy Longevity Survey Daten von insgesamt 4.268 Erwachsenen im Alter von mindestens 65 Jahren über einen Zeitraum von sieben Jahren. Hierfür füllten die Teilnehmenden zu drei verschiedenen Zeitpunkten (2011-12, 2014 und 2018) Fragebögen aus, in denen die soziale Isolation und Einsamkeit, die Anzahl der Zähne sowie andere Faktoren erfasst wurden. Mehr als ein Viertel (27,5 Prozent) der Studienteilnehmer war sozial isoliert, 26,5 Prozent gaben an, sich einsam zu fühlen.
Durchschnittlich hatten isolierte Menschen zwei Zähne weniger
Die Ergebnisse zeigen, dass ein höheres Maß an sozialer Isolation mit weniger Zähnen und schnellerem Zahnverlust verbunden war, selbst wenn andere Faktoren wie Mundhygiene, Gesundheitszustand, Rauchen und Trinken sowie Einsamkeit berücksichtigt wurden. Ältere Erwachsene, die sozial isoliert waren, hatten im Durchschnitt 2,1 weniger natürliche Zähne und verloren ihre Zähne 1,4-mal so häufig wie diejenigen mit stärkeren sozialen Bindungen. Überraschenderweise war die Einsamkeit weder mit der Anzahl der verbleibenden Zähne, noch mit der Zahnverlustrate verbunden.
Die Forschenden vermuten, dass sozial isolierte ältere Erwachsene dazu neigen, weniger gesundheitsfördernde Verhaltensweisen auszuführen. Dazu zählen sie nicht nur körperliche Aktivität, sondern auch durch Interaktion mit anderen Menschen geförderte Fähigkeiten wie beispielsweise Stressmanagement. Fehlende Stimulation oder Feedback anderer könnte sich negativ auf ihre allgemeine körperliche Verfassung auswirken und dazu führen, dass die Körperpflege, zu der auch die Mundhygiene führt, vernachlässigt wird, vermuten die Forschenden. Auch schlechte Gewohnheiten wie Rauchen und Alkoholkonsum könnten bei ausbleibender sozialer Interaktion ungehemmter ausgeführt werden und die (Mund-)Gesundheit beeinträchtigen. Die Autoren bestätigen die These früherer Studien, die zeigen, dass strukturelle Indikatoren für soziale Isolation starke Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden haben können.
Die Forschenden merken an, dass potentielle Störfaktoren zwar berücksichtigt wurden, es allerdings möglich wäre, dass diese unvollständig seien. Auch basieren die Ergebnisse auf Selbstauskünften, was zu Verzerrungen führen könnte. Schließlich bleibt anzumerken, dass nicht erhoben wurde, ob und wie oft die befragten Personen zahnärztliche Versorgung in Anspruch genommen haben.
Datenerhebung erfolgte bereits vor der Pandemie
Die Datenerhebung für diese Studie wurde bereits vor Beginn der Corona-Pandemie abgeschlossen. Diese hat viele ältere Menschen weiter in die Isolation getrieben. Die Forschenden konnten zeigen, welche oralen gesundheitlichen Beeinträchtigungen dies – abgesehen von psychischen Folgen - nach sich ziehen kann und wie wichtig es ist, Maßnahmen zur Verringerung der sozialen Isolation zu entwickeln.
PMID: 35040179.