Standards für demente Klinikpatienten
2020 wird laut DGG etwa jeder fünfte Krankenhauspatient unter einer Demenz leiden. Demenz wird damit eine der häufigsten Nebendiagnosen. „Die internistischen, chirurgischen und anderen Kliniken sind aber bisher auf die Behandlung und Pflege dieser Patienten nicht eingestellt und oft hoffnungslos überfordert“, berichtet der Past-Präsident der DGG, PD Dr. Werner Hofmann.
Angst, Unruhe und Wutausbrüche als Reaktion
Der Demenzkranke reagiere auf die fremde Umgebung, die Hektik der Notaufnahme, auf das Blutabnehmen und andere unangenehme Untersuchungen häufig mit Angst, Unruhe und Wutausbrüchen. „Wenn das Personal im Umgang mit Demenzkranken unerfahren ist, besteht die Gefahr unfreundlicher Umgangsweisen. Nicht nur das: Die dadurch bedingten Probleme verzögern die Diagnostik und Therapie und können den Krankheitsverlauf erheblich verlängern“, beschreibt Hofmann das Problem.
Spezialstationen für Patienten mit kognitiven Defiziten
Ein Baustein für die bessere Versorgung dieser Patienten sind Spezialstationen für Patienten mit kognitiven Einschränkungen, in denen Geriater ein interdisziplinär aufgestelltes Behandlungsteam anleiten. Erste Studien in solchen spezialisierten Stationen weisen darauf hin, dass die Patienten hier deutlich besser aufgehoben sind - zum Beispiel ist der Bedarf an antipsychotisch wirksamen Medikamenten geringer, auch Fixierungen sind dort sehr selten erforderlich und die Patienten werden schneller wieder entlassen.
„Die Behandlungsführung durch den Geriater beinhaltet auch eine ethische Entscheidungsfindung, also zum Beispiel nicht alle Maßnahmen einzusetzen, die ansonsten in der Medizin als machbar erscheinen“, ergänzt Hofmann.
Ende 2013 gab es in Deutschland 22 solcher Spezialstationen innerhalb geriatrischer Klinikabteilungen, deren Ärzte Mitglied der DGG waren. Die Fachgesellschaft hat jetzt in einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundesverbandes Geriatrie die Erfahrungen aus den Abteilungen ausgewertet und in einem Positionspapier zusammengefasst. Sieben Mindestanforderungen und fünf weitere Empfehlungen haben die Experten für die Spezialstationen.
Acht bis zwölf Betten sind ideal
„Die anzustrebende Bettenzahl umfasst acht bis zwölf Betten, eine Größe von 20 Betten soll nicht überschritten werden“, heißt es dort zu Beginn. Die Station befindet sich - geschützt, aber nicht abgeschlossen - innerhalb einer geriatrischen Klinikabteilung. Das Personal sollte der Station fest zugeordnet sein, anerkannte Schulungen erhalten und dort eine für Demenzkranke besonders geeignete Tagesstruktur etablieren.
Wichtig sei, die Biografie und soziale Situation der Patienten zu berücksichtigen und in einem erweiterten Assessment auch die Sturzgefahr, die Ernährung und mögliche Schmerzen der Patienten genau zu erfassen. Die DGG empfiehlt darüber hinaus, die Angehörigen eng in die Behandlung einzubeziehen, die Stationen auch architektonisch wohnlich zu gestalten, die Sozialdienste zu stärken und zusätzliche therapeutische Angebote einzusetzen, zum Beispiel die Musiktherapie.
Geriater haben besondere Expertise
Spezialstationen für Demenzkranke mit somatischen Erkrankungen sollten möglichst in geriatrischen Abteilungen entstehen. „Schon heute sind rund 40 Prozent der geriatrischen Klinikpatienten kognitiv eingeschränkt. Geriater haben daher eine besondere Expertise bei der Betreuung dieser Patienten“, sagte der Präsident der DGG, Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz aus Köln.
Außerdem umfasse das geriatrische Team regelmäßig auch den Sozialdienst und psychologische Dienste. Die Abteilungen verfügten damit auch über die Strukturen, die für die Spezialstationen notwendig seien. Schulz betont, dass die Betreuung von Demenzkranken in Akutkrankenhäusern eine große Herausforderung schon der nahen Zukunft ist: „Die Zahl der Demenzkranken wird sich bis 2030 mindestens verdoppeln, die Zeit drängt.“