Sterblichkeit muss in Deutschland schneller und besser erfasst werden
Die durch das SARS-CoV-2 Virus verursachte COVID-19-Pandemie habe erhebliche Mängel bei der Erfassung und Dokumentation des Sterblichkeitsgeschehens in Deutschland offenbart, erklären die Experten des BiB in dem aktuellen "BiB Working Paper "des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD).
Die bestehenden Mängel schaden demnach kurz- und langfristig dem Schutz der Menschen in Deutschland gegen Infektionskrankheiten und chronische nichtinfektiöse Krankheiten. Darüber hinaus werde die epidemiologischen und demografischen Forschung in Deutschland beschädigt und es bestehe die Gefahr, dass das Vertrauen in die staatlichen Institutionen zu beeinträchtigt werde.
Lange Informationswege, die fehlende zentrale Erfassung von Mortalitätsdaten und der mangelnde Zugang zu aussagekräftigen Daten für Forschung und Öffentlichkeit machten die Erfassung verbesserungsfähig, kritisieren die Experten und fordern unter anderem die Einrichtung eines Nationalen Mortalitätsregisters.
Die Erfassung der Sterblichkeit muss effizienter werden
„Mit relativ einfachen Mitteln könnte die statistische Erfassung der Sterblichkeit deutlich effizienter werden und sich damit auch zu einer besseren Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen nicht nur in Pandemiezeiten entwickeln“, erläutert Prof. Dr. Norbert F. Schneider vom BiB.
„Um das wissenschaftliche Potenzial eines Mortalitätsregisters auch erschließen zu können, ist zudem ein nutzungsfreundlicher und qualitätssichernder Datenzugang für die Forschung, beispielsweise durch ein Forschungsdatenzentrum, unabdingbar“, sagt Prof. Regina T. Riphahn, Vorsitzende des RatSWD.
Elektronische Meldesysteme für Erfassung
Die Experten fordern eine genauere und schnellere Erfassung von Risikofaktoren, die hilft, Informationsverluste zu verhindern. Die Meldesysteme sollten effizienter und komplett elektronisch sein. Bei Infektionskrankheiten, Todesfallerfassung und Todesursachen sollen damit Verzögerungen verringert werden.
Die Informationsflüsse von lokalen Gesundheitsämtern und Meldeeinrichtungen zum Robert Koch-Institut (RKI), den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder oder anderen zentralen Einrichtungen sind laut BiB sehr langsam. Aktuell würden zum Teil noch Informationen per Fax verschickt; auch die Todesursachenerfassung erfolge grundsätzlich über handschriftlich ausgefüllte Totenscheine. Auch bei strikter Beachtung der gesetzlichen Fristen könne es mehrere Tage dauern, bis ein einschlägiger Todesfall dem RKI gemeldet wird.
Eine Folge der Verzögerungen sei, dass selbst öffentlich-rechtliche Medien sich bezüglich der Fallzahlen und Sterbefälle oft auf nichtstaatliche Quellen wie die Johns-Hopkins-Universität stützten, weil diese schneller Informationen über das Krankheitsgeschehen generierten und damit trotz vieler Qualitätsmängel ein besseres Lagebild erlaubten.