Stressiges Studentenleben
Insgesamt 18.000 Hochschüler wurden in der repräsentativen Studie der Universität Potsdam und der Universität Hohenheim im Auftrag des AOK-Bundesverbandes Online befragt. Davon gaben 53 Prozent ein sehr hohes Stressniveau an. Zum Vergleich: Bei den deutschen Beschäftigten sind es nur knapp 50 Prozent.
Der Begriff Stress wird aus Sicht der Studierenden vor allem mit „Zeitdruck“, „Leistungsdruck“, „Überforderung“, „Erwartungsdruck“, „Nervosität/innere Unruhe“ und „(Selbst) Zweifel“ in Verbindung gebracht. Interessanterweise werden positive Assoziationen wie „Motivation“, „Antrieb“ oder „Leistungsförderung“ nur vereinzelt als relevante Assoziationen mit Stress im Zusammenhang gesehen.
Dabei hängt der Studierendenstress in Deutschland hauptsächlich vom Geschlecht, der Hochschulform, der Abschlussart, dem Studienfach und dem Studienort ab:
Frauen sind signifikant gestresster als Männer. Während Studentinnen eher zu weinen beginnen, suchen Studenten eher Ablenkung und nehmen vermehrt Genussmittel zu sich.
Fachhochschüler sind signifikant gestresster als Studierende von Universitäten und dualen Hochschulen.
Wer an staatlichen Hochschulen studiert, ist ebenfalls gestresster als Studenten an privaten Hochschulen.
Bachelor-Studierende sind signifikant gestresster als Master-, Diplom- und Staatsexamen-Studierende.
In der Veterinärmedizin, den Agrar-, Forst-und Ernährungswissenschaften, der Informatik, der Kunst und den Kunstwissenschaften ist der Stressanteil am größten Anteil, in den Sportwissenschaften am geringsten.
Studierende aus NRW und Baden-Württemberg sind signifikant gestresster als Studierende aus Schleswig-Holstein, Brandenburg, Bayern und Rheinland-Pfalz.
Inwieweit die Studenten sich gestresst fühlen, hängt aber auch von ihrem Verhalten ab. Wer beispielsweise jobbt, hat weniger Stress als Studierende ohne Nebenbeschäftigung. Da Studierende, die in der Regelstudienzeit liegen, weniger gestresst sind als die, denen das voraussichtlich nicht gelingt, ist der Stress im Studium wohl vor allem auch vom Organisationstalent des Einzelnen abhängt.
Die Stressfaktoren sind vielfältig: Neben hochschulbezogenen Aspekten kann Stress auch durch Alltagsgründe sowie intrapersonelle und interpersonelle Ursachen entstehen. Werden diese Stressoren miteinander verglichen, dann zeigt sich, dass
Hochschulbezogene Ursachen sind die größten Stressoren, vor allem „Prüfungen“ sind hier die größten Stressverursacher.
Aber auch der Alltag kann Stress erzeugen, beispielsweise werden die zeitliche Vereinbarkeit des Studiums mit anderen Aktivitäten, der Haushalt, die finanzielle Lage und die Fahrtwege als wichtige Stressfaktoren wahrgenommen.
Intrapersoneller Stress: Ein nicht unerheblicher Stressanteil ist auf hohe eigene Erwartungen zurückzuführen.
Interpersoneller Stress, der zum Beispiel durch Konkurrenzdruck zwischen den Studierenden entstehen kann, spielt dagegen vergleichsweise eine kleine Rolle.
Gestresste Studenten kommen damit insgesamt nicht besonders gut zurecht. Typische Reaktionen darauf sind Unzufriedenheit, Unruhe und die Suche nach Ablenkung, aber auch Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Antriebslosigkeit. Diese sogenannte Stressresilienz ist bei Frauen signifikant geringer als bei Männern und hängt auch vom Erfahrungsstand im Studium ab: Bachelor-Studenten haben die geringste Stressresilienz unter den Studierenden.
An der repräsentative Online-Befragung, die im Juni/ Juli 2016 im Auftrag der AOK vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Potsdam und dem Lehrstuhl für Marketing und Business Development der Universität Hohenheim durchgeführt wurde, nahmen mehr als 18.000 Hochschüler teil. Quelle: Studierendenstress in Deutschland – eine empirische Untersuchung.
Diese Studie basiert auf der mit Abstand größten Stichprobe von Studierenden zum Thema Studierendenstress im deutschsprachigen Raum und stellt eine der größten Studien zum Thema international dar.