Kanadische Metaanalyse zu „Mouth Taping“

Studie warnt vor Risiken von nachts zugeklebtem Mund

mg
Gesellschaft
2023 kam der Social-Media-Trend Mouth Taping – also das nächtliche Zukleben des Mundes – aus den USA nach Deutschland. Die erste Metaanalyse zum Thema warnt vor einem „potenziell ernsthaften Schadensrisiko“.

Mouth Taping soll eine einfache Lösung für Schlafstörungen, obstruktive Schlafapnoe (OSA), Bruxismus und sogar eine Wunderwaffe gegen Karies sein, proklamieren Influencer seit Jahren in verschiedenen sozialen Medien.

Doch schon länger gibt es Zweifel an der Methode, wissenschaftliche Evidenz für die Methode ist kaum vorhanden. Forschende des London Health Sciences Centres in Kanada veröffentlichten jetzt die erste systematische Übersichtsarbeit zum Thema.

Es wurde eine umfassende Literaturrecherche nach den PRISMA-Richtlinien durchgeführt. Mit den Suchbegriffen „mouth taping, adhesive mouthpiece, porous oral patch, surgical tape, breathing mouthpiece, sleep, microsleep, breath, breathing, or mouth breathing“ wurden MEDLINE, Embase und Google Scholar von Februar 1999 bis Februar 2024 durchsucht. Für das Screening wurde die Software Covidence verwendet. Auf diese Weise wurden 120 Artikel gefunden.

Nachdem 34 Duplikate entfernt worden waren, wurden 86 Artikel von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft. 62 wurden ausgeschlossen. 24 wurden einer Volltextprüfung unterzogen und zehn erfüllten die Einschlusskriterien. Diese zehn Arbeiten umfassten insgesamt 213 Patientinnen und Patienten.

Risiko für schwere Komplikationen

Zwei Studien zeigten eine statistisch signifikante Verbesserung der etablierten Marker für Schlafapnoe wie Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) oder Sauerstoffentsättigung. Andere Studien zeigten hingegen, dass das Tapen des Mundes keine Unterschiede mit sich bringt und erörterten potenzielle Risiken bei nasaler Obstruktion, schreiben die Forschenden.

„Für uns war es beunruhigend, dass Prominente und Influencer das Mouth Taping ohne wissenschaftliche Beweise unterstützen“, sagt Autor Dr. Brian Rotenberg. „In der Sprache der Social-Media-Influencer schien es ein bisschen „sus“, also untersuchten wir, was die Wissenschaft uns über diesen Trend sagt und ob es sicher ist oder nicht."

Aus den Daten der zehn ausgewerteten Studien geht hervor, schreiben die Forschenden, „dass ein potenziell ernsthaftes Schadensrisiko für Personen besteht, die diesen Trend wahllos praktizieren.“ Das gelte vor allem für Menschen die sich nicht bewusst sind, dass sie unter Schlafapnoe leiden, erklärt Rotenberg. „Diese Personen verschlimmern unwissentlich ihre Symptome und setzen sich einem größeren Risiko für schwere gesundheitliche Komplikationen wie Herzerkrankungen aus.“

Rotenberg und sein Team verweisen aber auch auf die Bedeutung der Gesundheitsforschung bei der Bekämpfung von Fehlinformationen und Pseudowissenschaft. Es sei leicht für Fehlinformationen, bei Social-Media-Nutzenden zu verfangen, so Autor Jess Rhee. Das sei in den vergangenen Jahren unzählige Male zu beobachten gewesen. „Wir müssen gesundheitliche Entscheidungen treffen, die auf starken wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren“, sagt Rhee. „Unsere Hoffnung ist, dass die Menschen aufhören, sich zum Schlafen den Mund zuzukleben und erkennen, dass es gefährlich ist.“

Rhee J, Iansavitchene A, Mannala S, Graham ME, Rotenberg B (2025) Breaking social media fads and uncovering the safety and efficacy of mouth taping in patients with mouth breathing, sleep disordered breathing, or obstructive sleep apnea: A systematic review. PLoS One 20(5): e0323643. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0323643

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