Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Verfassungsbeschwerden gegen Masern-Impfpflicht abgelehnt

LL
Gesellschaft
Seit 2020 gilt für Kita-Kinder die Pflicht zur Masern-Impfung. Eltern hatten dagegen eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Diese lehnte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nun ab. Die Impfpflicht bleibt damit verfassungskonform.

Die sogenannte Nachweispflicht über einen ausreichend bestehenden Masernschutz sei zum einen für die Gesundheit der Kinder selbst wichtig. Zum anderen schütze sie aber auch vulnerable Personen vor einer Ansteckung, führt das Verfassungsgericht in einem nun veröffentlichten Beschluss aus und unterstreicht damit den hohen Stellenwert von Impfungen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung.

Das Masernschutzgesetz sieht vor, dass alle nach 1970 geborene Personen, die in einer „Gemeinschaftseinrichtung“ entweder betreut werden oder dort beschäftigt sind, geimpft sein müssen. Das gilt im Übrigen auch für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, also auch in Zahnarztpraxen.

Die Frist zum Nachweis einer Masernschutzimpfung endet am 31. Juli, nachdem diese zuvor verlängert wurde. Dagegen hatten mehrere sorgeberechtigte Eltern von minderjährigen Kindern, die Kitas besuchen oder von einer Tagesmutter betreut werden sollten, Beschwerde eingereicht.

Ihre Argumentation: Die Impfpflicht verletze ihr verfassungsrechtliches Elterngrundrecht und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit. Weiter würden die ungeimpften Kinder unverhältnismäßig von der Betreuung in einer Kita oder in einer Tagespflegeeinrichtung ausgeschlossen.

Und weiter: Da in Deutschland eine Masern-Impfung nur mit der Gabe von Kombinationsimpfstoffen möglich sei, die sich auch gegen Röteln, Mumps oder Windpocken richteten, wären die Kinder vor dem Besuch einer Kita quasi gezwungen, sich gegen gleich mehrere Krankheiten impfen zu lassen.

Gericht spricht dem Schutz der Bevölkerung hohes Gewicht zu

Das Bundesverfassungsgericht bewertete das jedoch anders: Impfung und Nachweispflicht seien „angemessen und verhältnismäßig“. Sie dienten der Gesundheit des Kindes und dem vermeintlichen Eingriff in das Recht der Eltern komme dabei kein besonders hohes Gewicht zuteil.

Letztendlich habe der Gesetzgeber „einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck, nämlich den Schutz vulnerabler Personen vor einer für sie gefährlichen Masernerkrankung“ verfolgt. Gerade vulnerable Personen seien auf die Herdenimmunität angewiesen, die bei etwa 95 Prozent erreicht würde. Die Impfpflicht, die einen gewissen Druck dazu auslöst, sei dazu gerechtfertigt, heißt es in dem Beschluss weiter.

Für die Impfpflicht sprächen die hohe Übertragungsfähigkeit und die damit einhergehende Ansteckungsgefahr sowie das Risiko, als Spätfol­ge der Masern eine für gewöhnlich tödlich verlaufende Krankheit erleiden zu können. Im Beschluss heißt es dazu: „Demgegenüber treten bei einer Impfung nahezu immer nur milde Symptome und Nebenwirkungen auf."

Das Gericht bestätigte mit dem Beschluss zudem, dass die Impfung auch mit einem Kombipräparat gegen Masern, Mumps, Röteln oder Wind­pocken erfolgen darf.

Bundesverfassungsgericht KarlsruheAz.: 1 BvR 469/20 (und weitere)Beschluss vom 21. Juli 20221 BvR 469/20, 1 BvR 472/20, 1 BvR 471/20, 1 BvR 470/20

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