Umfrage des Bosch Health Campus

Viele sind offen für Digitalisierung der Versorgung

Susanne Theisen
Politik
Große Zustimmung zur Digitalisierung des Gesundheitswesens etwa durch die elektronische Patientenakte (ePA) stellt eine aktuelle Umfrage fest. Der Bundesdatenschützer übt indes Kritik an der Umsetzung der ePA.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung bei der Gesundheitsversorgung sollten stärker als bisher genutzt werden. Das sagten 79 Prozent der 1.000 Bürgerinnen und Bürger, die Forsa im Raum Baden-Württemberg im Auftrag des Bosch Health Campus befragt hat. 39 Prozent ordneten das Thema als „sehr wichtig“, 40 Prozent als „wichtig“ und 21 Prozent als „weniger wichtig oder gar nicht wichtig“ ein.

ePA schnell und unbürokratisch einführen

Dass die ePA für Patientinnen und Patienten „wichtige Informationen zur Verfügung stellt, zum Beispiel Befunde, einen Überblick über die gesundheitlichen Diagnosen, Therapiemaßnahmen oder Medikamentenpläne, Behandlungspläne und weitere gesundheitsrelevante Daten“, fanden 39 Prozent der Teilnehmenden „sehr wichtig“ und 42 Prozent „wichtig“. Für 17 Prozent war das „weniger oder gar nicht wichtig“. Eine schnelle und unbürokratische Einführung der ePA ordneten jeweils 38 Prozent und 37 Prozent als „sehr wichtig“ und „wichtig“ ein.

Ähnlich viele Befragte (67 Prozent) fänden es laut Bosch Health Campus hilfreich, „die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben und digitale Informations-, Beratungs- und Behandlungsangebote zu fördern, wie beispielsweise Gesundheits-Apps, Telemedizin oder Videosprechstunden“. Als nicht hilfreich bewerteten diese Maßnahme 14 Prozent der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger. Knapp jeder Fünfte traute sich keine Einschätzung zu.

Datenschützer kritisiert ePA-Umsetzung

Meinungen zu den Details der ePA-Umsetzung holte die Umfrage nicht ein. Hierzu hatte sich jüngst der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber gegenüber dem ZDF kritisch geäußert und gemahnt, Patientinnen und Patienten könnten sich überrumpelt fühlen. Insbesondere das vom Bundesgesundheitsministerium angestrebte Opt-out-Verfahren, also der aktive Widerspruch gegen die Nutzung der Akte, gefährdet aus Sicht Kelbers das Vertrauen der Versicherten.

Zwar könnten Bürgerinnen und Bürger via Opt-out sensible Daten aus ihren Unterlagen löschen lassen, es sei aber ein Nachteil, dass sie dafür selbst aktiv werden müssten. „Unser Vorschlag, wenn man sich auf den Opt-out festlegt, wäre gewesen, die hineinfließenden Daten auf eine bestimmte Menge zu begrenzen und beispielsweise Daten über Schwangerschaftsabbrüche oder psychische Erkrankungen nicht diesem Automatismus zu unterwerfen“, erklärte Kelber. „Das wäre für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die elektronische Patientenakte besser.“

Kelber erwartet Klagen gegen die ePA

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Ulrich Kelber, dass aus Sicht seiner Behörde das automatische Befüllen mit besonders schutzwürdigen Daten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gefährde. „Gerichtliche Auseinandersetzungen werden also nicht auf sich warten lassen. Wenn die Ampelkoalition jetzt Regelungen festlegt, die bei Klagen hochgefährdet sind, weil sie nicht ausreichend differenzieren und dann im Zweifel für einen Stopp des Gesamtprojektes sorgen, wird der eigentlich guten Sache ein Bärendienst erwiesen“, führte der Bundesdatenschutzbeauftragte aus. Auch deshalb laute seine dringende Empfehlung an die Ampelkoalition, die automatische Befüllung zunächst nur mit unkritischen Daten vorzunehmen.

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte Nachbesserungen: „Ohne Vertrauen und Mitwirkung der Patientinnen und Patienten wird es (...) nicht gehen. An einigen Stellen muss deutlich nachgebessert werden“, sagt Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege im vzbv mit Blick auf die geplanten Neuregelungen. Ein Widerspruch gegen die ePA müsse für Verbraucherinnen und Verbraucher jederzeit einfach und barrierefrei möglich sein, so Moormann. „Und sie müssen selbst entscheiden können, welche Daten aus ihrer Akte sie welchem Leistungserbringer und für Forschungszwecke freigeben möchten. Die Aufklärung darüber muss wertungsfrei erfolgen. Nur dann kann der vzbv der Widerspruchslösung bei der ePA zustimmen.“

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