Wann ist ein Fall ein Notfall?
Künftig sollen Mindestanforderungen an das Verfahren, das digitale Assistenzsystem und die Qualifikation des beteiligten medizinischen Personals greifen. Mithilfe des Ersteinschätzungsverfahrens soll schnell und verlässlich beurteilt werden, wie dringend bei Hilfesuchenden der Behandlungsbedarf ist. Nur wenn ein sofortiger Behandlungsbedarf festgestellt wird, soll der Patient ambulant im Krankenhaus behandelt oder stationär aufgenommen werden. Andernfalls soll die Behandlung grundsätzlich in der vertragsärztlichen Versorgung erfolgen.
Vorgegeben werden das Zeitfenster bis zur Behandlung und die Versorgungsebene
Wie der G-BA dazu mitteilt, wird bereits in Notaufnahmen die Dringlichkeit einer ärztlichen, unmittelbar notwendigen Behandlung mit sogenannten Triagesystemen festgestellt, um Hilfesuchende mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung schnellstmöglichzu identifizieren und zu behandeln. Wenn kein sofortiger Behandlungsbedarf besteht, schließe sich zukünftig ein erweitertes Ersteinschätzungsverfahren an, das aufbauend auf dem Ergebnis der Triage das Zeitfenster bis zur Behandlung und die Versorgungsebene vorgibt. Je nachdem, ob eine ärztliche Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen sollte oder nicht, werden laut der neuen G-BA-Richtlinie zwei sogenannte Dringlichkeitsgruppen unterschieden:
Bei Dringlichkeitsgruppe 1 sollte die Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen: Entweder ambulant im Krankenhaus oder in einer im oder am Krankenhaus gelegenen Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beziehungsweise einem entsprechenden Medizinischen Versorgungszentrum des Krankenhauses.
Bei Dringlichkeitsgruppe 2 ist keine Behandlung innerhalb von 24 Stunden erforderlich. Die Versicherten erhalten einen Vermittlungscode, mit dem sie über die Terminservicestelle der KV einen Termin buchen können.
Die Krankenhäuser sind laut der neuen Richtlinie dafür zuständig, das Pflegepersonal zu schulen, dazu sollen Übergangsfristen bis 2026 gelten. Die Implementierung evaluierter digitaler Assistenzsysteme zur Ersteinschätzung soll bis Anfang 2025 erfolgen.
Der unparteiische G-BA-Vorsitzende Josef Hecken wies darauf hin, dass im Vorfeld des Beschlusses Stimmen zu hören waren, ob Regelungen des G-BA angesichts der anstehenden Krankenhausreform verzichtbar seien. Das sei nicht so, sagte er: „Denn erstens ist derzeit offen, wann die Reform tatsächlich stehen wird. Und zweitens wird es einige Jahre dauern, bis die für die Krankenhausreform angedachten Strukturveränderungen reale Versorgungspraxis sind. Angesichts von überfüllten Notaufnahmen braucht es auch für diese Übergangszeit praktikable und sachgerechte Lösungen.“
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte gegen den neuen Beschluss gestimmt, da sie mit einem eigenen Vorschlag in die Diskussion gegangen war. Die Patientenvertretung enthielt sich der Stimme.
Während der Beratungen zur Erarbeitung der neuen G-BA-Richtlinie wurde im Mai im Zuge des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG) eine neue Regelung zu Notfällen verabschiedet. Danach sollen Patienten, die die Notfallaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen, bei dringlichem und nicht dringlichem Behandlungsbedarf nur noch in einer Klinik oder in einer Notdienstpraxis behandelt werden. Eine Weiterleitung an Vertragsärzte ist dabei nicht mehr vorgesehen.
Unterschieden werde hier laut Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums nach subjektivem und objektiven Notfall. Ob ein Notfall vorliege, richte sich nach Angaben Heckens nicht nur nach dem objektiven, von einem Arzt festgestellten Befund, sondern auch nach der individuellen und subjektiven Einschätzung eines Patienten. Dem trage die neue Richtlinie nun Rechnung, wird Hecken laut Presseberichten zitiert.