Weniger Zahnarztbesuche – mehr Parodontitis-Bakterien im Mund
Im Rahmen eines Crowdsourcing-Projekts bildeten Wissenschaftler der Colorado State University, USA, Freiwillige zu sogenannten „Bürgerwissenschaftlern“ aus. Diese sollten für eine Studie Proben aus der Mundhöhle von Museumsbesuchern des Denver Museums für Natur und Wissenschaft in Colorado entnehmen und mit ihnen dann einen Fragebogen durcharbeiten.
Die Probanden: 366 Museumsbesucher
Die angelernten Wissenschaftler nahmen Wangenabstriche von 366 Personen – 181 Erwachsene und 185 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren. Außerdem stellten sie den Museumsbesuchern Fragen zu deren Lebensstil, Ernährung und Mundgesundheitsgewohnheiten. Zusätzlich erhoben sie Daten zu Größe, Gewicht, Body-Maß-Index (BMI) und Körperfettanteil.
Ergebnisse: Die Bakteriengattungen Streptococcus, Haemophilus, Rothia, Neisseria und Veillonella dominierten die oralen Mikrobiome der Museumsbesucher – bei den Erwachsenen machten sie 85 Prozent des Mikrobioms aus, bei den Jugendlichen 72 Prozent.
Die Erwachsenen, die in den letzten drei Monaten zum Zahnarzt gegangen waren, hatten insgesamt eine geringere mikrobielle Vielfalt und weniger Treponema-Spezies im Mund als die, die seit 12 Monaten oder länger nicht mehr beim Zahnarzt waren.
Adipöse haben höhere Keimbelastung durch Treponema
Bei den Kindern und Jugendlichen lag der letzte Zahnarztbesuch in der Regel nicht sehr weit zurück. Diejenigen, die aufgrund ihres BMI als fettleibig eingestuft waren, wiesen ebenfalls eine höhere Keimbelastung durch Treponema in der Mundhöhle auf. Die Wissenschaftler schlossen daher auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Adipositas in der Jugend und der Ausbildung einer Parodontitis im Erwachsenenalter.
Die Erwachsenenmikrobiome korrelierten eher mit deren Mundhygienegewohnheiten. Bei Kindern korrelierten sie eher mit ihrem Geschlecht und Gewicht. Menschen aus demselben Haushalt hatten ähnliche Mikrobiome beziehungsweise sie teilten häufiger Bakterienarten, die sonst nicht so häufig vorkommen.
Die Vorliebe für Süßes und das orale Mikrobiom sind offenbar nicht assoziiert
Assoziationen von Vorlieben für bestimmte süße Speisen und Getränke und den oralen Mikrobiomen konnten die Wissenschaftler nicht finden: Bei den Erwachsenen korrelierten die Charakteristika der oralen Mikrobiome nicht mit der Zufuhr von süßen Getränken oder Alkohol. Die Idee, dass orale Mikrobiota zur Auswahl von Lebensmitteln und zur Geschmackswahrnehmung beitragen, wird derzeit allerdings weiter untersucht, da ähnliche Assoziationen mit Darmmikrobiota bereits gefunden wurden [Leitão-Gonçalves et al., 2017].
Fettleibigkeit beeinflusst orales Mikrobiom
Fazit: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen eine Verbindung des oralen Mikrobioms mit der menschlichen Gesundheit, insbesondere der Fettleibigkeit, nahe, obwohl nicht alle beeinflussenden Parameter, wie zum Beispiel die individuelle Ernährung oder die Einnahme von Medikamenten in die Auswertung eingeflossen sind.
Zachary M. Burcham, Nicole L. Garneau, Sarah S. Comstock, Robin M. Tucker, Rob Knight, Jessica L. Metcalf. Patterns of Oral Microbiota Diversity in Adults and Children: A Crowdsourced Population Study. Scientific Reports, 2020; 10 (1) DOI: 10.1038/s41598-020-59016-0
Literatur: Leitão-Gonçalves, R. et al. Commensal bacteria and essential amino acids control food choice behavior and reproduction. PLoS Biol. 15, e2000862 (2017). doi.org/10.1371/journal.pbio.2000862