Wie Freunde zum Wechsel bewegen
Kassenwechsel oder nicht? Diese Frage wird für viele Versicherte im Raum stehen, wenn ab Anfang 2015 die Reform der Krankenkassenfinanzierung mit mehr Spielraum für einkommensabhängige kassenindividuelle Zusatzbeiträge in Kraft tritt - und damit Leistungs- und Kostenunterschiede im GKV-Markt wieder deutlicher zutage treten.
Auch wenn kein Wechselboom zu erwarten ist, können die Konsequenzen für einzelne Kassen erheblich sein. Immerhin 16 Prozent - das sind 1 Million Mitglieder - der grundsätzlich wechselbereiten GKV-Versicherten zwischen 18 und 65 Jahren haben ihre Wechselabsicht in den vergangenen 12 Monaten in die Tat umgesetzt.
Die neue Studie "Customer Journey zur Gesetzlichen Krankenversicherung" des Marktforschungsinstituts "Heute und morgen" aus Köln wirft einen Blick auf die wichtigsten Stationen, Treiber und Hürden, die die GKV-Versicherten auf ihrer Suche nach einer neuen Kasse und beim Kassenwechsel motivieren - oder am Ende auch zum Verbleib bei der eigenen Kasse bewegen. 500 bundesdeutsche GKV-Versicherte im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die sich in den vergangenen 12 Monaten aktiv zu einem Kassenwechsel informiert oder tatsächlich gewechselt haben, wurden im Juni 2014 ausführlich zum Thema Kassenwechsel befragt.
Freunde und Leistungen schaffen Wechsel-Awareness
Soziales Umfeld und interessante Leistungen anderer Kassen schaffen eine "Wechsel-Awareness". Häufigste Auslöser für eine intensive Beschäftigung der GKV-Versicherten mit einem Krankenkassenwechsel und der Suche nach einer neuen Kasse sind persönliche Empfehlungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis sowie attraktive Leistungen anderer Kassen, die die eigene Kasse so nicht bietet.
Zugleich wecken Bonuszahlungen beziehungsweise Möglichkeiten zur Kostenersparnis die Wechselbereitschaft der GKV-Versicherten. Weitere wichtige Auslöser sind Leistungskürzungen der eigenen Krankenkasse im Bereich freiwilliger Zusatzleistungen sowie größere Unzufriedenheit mit dem Kundenservice der eigenen Kasse. Das Internet beziehungsweise Vergleichsportale spielen als initiale Impulsgeber hingegen keine wesentliche Rolle.
Wechselabsichten und -quoten
15 Prozent der GKV-Versicherten starten ihre Suche nach einer neuen Kasse mit dem ausdrücklichen Ziel, ihre bisherige Kasse verlassen zu wollen. Zwei Drittel davon setzen den Wechsel im Anschluss auch in die Tat um. Der Wechselentschluss steht also schon recht frühzeitig fest.
Wer sich dagegen ohne unmittelbare Wechselabsicht ausführlicher zum Angebot verschiedener Krankenkassen informiert, belässt es hingegen meist dabei und wechselt am Ende nur selten (9 Prozent). Generell gelten laut einer repräsentativen Studie 14 Prozent der GKV-Mitglieder von 18 bis 65 Jahren - das sind etwa 6,3 Millionen - als wechselaffin, etwa 1 Million davon hat in den vergangenen 12 Monaten tatsächlich gewechselt.
Unter 30: Hauptsache weg
Die größte Wechselaffinität zeigen jüngere Versicherte unter 30 Jahren. Hier gibt jeder dritte Wechselbereite an, seine Kasse in jedem Fall wechseln zu wollen. Drei Viertel der Wechselbereiten nutzen das Internet als Medium; allen voran die Anbieter-Homepages (57 Prozent), aber auch Vergleichsportale (27 Prozent oder allgemeine Informationsseiten zur GKV (24 Prozent). Wird die Suchaktivität im Internet nicht von persönlichen Gesprächen im sozialen Umfeld oder mit Beratern begleitet, verläuft die Suche aber oft im Sande oder wird abgebrochen.
Freunde als Treiber
Zweitwichtigste Anlaufstelle für Informationen zur GKV sind Freunde und Verwandte (26 Prozent); die späteren Wechsler holen Informationen in der der ersten Phase noch häufiger im nahen sozialen Umfeld ein (32 Prozent). Generell erweisen sich persönliche Gespräche mit Freunden oder Verwandten an vielen Stellen der Customer Journey zur GKV als Wechseltreiber. Die Informationssuche mittels Internetquellen wird im Ganzen zudem weniger hilfreich beurteilt als persönliche Beratungen oder Gespräche mit Freunden.
Ausschlaggebende Faktoren für den Vollzug des Wechsels in eine neue Kasse waren meist attraktive Bonusprogramme sowie konkrete Leistungen oder Optionen, die die eigene Kasse nicht bietet. Jeder dritte Wechsler ließ sich zudem von einer Wechselprämie locken.
Gekommen, um zu bleiben
Krankenversicherte, die sich letztlich gegen einen Wechsel entschieden haben, geben indes häufig an, keine klaren Vorteile bei anderen Kassen erkannt, oder sich aufgrund der intensiven Beschäftigung vom Leistungsangebot der eigenen Kasse „zurückgewinnen“ lassen zu haben. Zudem spielte auch der Verzicht der eigenen Kasse auf Zusatzbeiträge sowie die Erfahrung guter Serviceleistungen in je rund einem Viertel der Fälle für den Entscheid zum Verbleib eine wichtige Rolle.
In zeitlicher Perspektive variiert die Dauer der Entscheidungsphase bei den Versicherten stark und erstreckt sich von einigen Tagen bis hin zu vielen Wochen und auch Monaten. Dies unterstreicht, dass es sich bei der Krankenversicherung in aller Regel um eine „existentiell bedeutsam“ erlebte Absicherung handelt. Ad-hoc-Entscheidungen finden nur selten statt.
Kassen sollten Kontaktpunkte nutzen
Der Wechsel selbst wird in den meisten Fällen in einer Geschäftsstelle der neuen Kasse vollzogen (46 Prozent); unpersönlichere Abschlusswege, wie insbesondere via Internet, werden hingegen vergleichsweise selten genutzt. Alle relevanten Kontaktpunkte sollten den Autoren zufolge daher genutzt werden, um bestehende Mitgliederbindungen zu stärken und potenzielle Neukunden zu gewinnen.
Das Internet, das als Informationsquelle zwar eine herausragende Stellung besitzt, werde im Ganzen hingegen eher überschätzt und sollte in seiner Rolle differenzierter betrachtet werdet. Initiale und unmittelbar entscheidungswirksame Impulse bei der GKV kämen aus diesem Medium eher selten