Erste systematische Übersicht

Wie verändert Karies das orale Mikrobiom von Jugendlichen?

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Zahnmedizin
Wissenschaftler aus Spanien und den Niederlanden haben untersucht, wie sich das orale Mikrobiom bei Jugendlichen mit und ohne Karies unterscheidet.

In der Mundhöhle gibt es nachweislich mehr als 700 Taxa, bestehend aus Bakterien, Pilzen, Viren und Archaeen. Viele Studien haben in den letzten 20 Jahren das orale Mikrobiom von Personen mit und ohne Karies verglichen, allerdings meist bei kleinen Kindern oder bei Erwachsenen. Bei Jugendlichen könnten jedoch spezielle Faktoren wie die Pubertät, kieferorthopädische Behandlungen und andere Lebensstilfaktoren das orale Mikrobiom beeinflussen. Ein systematischer Überblick in dieser Altersgruppe fehlt jedoch bislang.

Die mikrobielle Diversität bei Jugendlichen mit und ohne Karies ist ähnlich

Die Forschenden aus Rotterdam und Cerdanyola del Vallès haben daher in ihrer Studie den aktuellen Wissensstand aus 20 Querschnittsstudien zum Zusammenhang zwischen den oralen Mikrobiota und Karies bei Jugendlichen zusammengefasst.

Für ihre Meta-Studie führten sie eine elektronische Suche in fünf Datenbanken durch. Arbeiten mit ansonsten gesunden Jugendlichen wurden eingeschlossen, wenn sie molekularbasierte mikrobiologische Analysen anwendeten und den Kariesstatus ermittelten. Insgesamt wurden 3.935 Datensätze überprüft, was zu einer Auswahl von 20 Querschnittsstudien aus den Jahren 2005 bis 2022 führte. Ihre Stichprobengröße betrug 11 bis 614 Teilnehmende im Alter von 11 bis 19 Jahren. In den Studien wurden Speichel, Zahnbiofilm oder Zungenabstriche mit Hybridisierungs-, PCR- oder Next-Generation-Sequencing-Methoden analysiert. Die Hälfte der Studien erfasste auch Lebensstilfaktoren, die zum Teil auch bei der mikrobiologischen Auswertung berücksichtigt wurden.

Bestimmte Taxa sind aber offenbar mit einem erhöhten Kariesrisiko verbunden

Laut Qualitätsbewertung waren sechs Studien von hoher Qualität, acht zufriedenstellend und sechs ungenügend. Keine der Studien erreichte eine maximale Punktzahl, was häufig auf eine unzureichende Begründung der Stichprobengröße und fehlende Informationen zur Rücklaufquote zurückzuführen war. In allen Studien wurde der Kariesindex erfasst (als DMFT oder DMFS: Anzahl der zerstörten, fehlenden und gefüllten Zähne oder Oberflächen). 17 Studien verglichen Gruppen mit und ohne Karieserfahrung, zwölf von ihnen fanden signifikante Unterschiede. Dennoch war die mikrobielle Diversität zwischen Teilnehmenden mit und ohne Karies ähnlich.

Die Mehrzahl der Studien identifizierte häufiger bestimmte bakterielle Taxa bei Jugendlichen mit Karies im Vergleich zu Jugendlichen ohne Karies (oder umgekehrt). Die Arten variierten zwischen den einzelnen Studien jedoch stark. Eine qualitative Synthese ergab, dass eine Gattung und vier verschiedene Arten bei Jugendlichen mit Karieserfahrung häufiger vorkamen: Prevotella denticola, Scardoviae Wiggsiae, Streptococcus sobrinus und Streptococcus mutans. Diese Arten sind in der Lage, Säure zu produzieren und wurden auch in früheren Studien bei Kindern mit frühkindlicher Karies häufiger nachgewiesen.

Zwei Taxa wurden häufiger bei kariesfreien Jugendlichen beobachtet: Actinomyces johnsonii und Corynebacterium. Beide verstoffwechseln Laktat und können das säurebildende Milieu verringern.

Zwei Next-Generation-Sequencing-Studien untersuchten Zusammenhänge zwischen Karies-Schweregrad und Alpha-Diversität, kamen jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen.

Außerdem verändert sich das orale Mikrobiom mit dem Alter

Strukturelle Unterschiede in der mikrobiellen Diversität zwischen karieserfahrenen und kariesfreien Jugendlichen wurden nicht gefunden. Es ergaben sich jedoch Hinweise auf mehrere bakterielle Taxa, die mit Zahnkaries assoziiert sind. Dies spricht für die Theorie, dass die Kariesentwicklung nicht nur auf einige wenige kariogene Arten zurückgeführt werden kann.

Die meisten eingeschlossenen Studien ergaben keine Unterschiede in der Artenvielfalt (alpha-Diversität) zwischen Probanden mit und ohne Karies, was mit aktuellen Erkenntnissen bei Kindern übereinstimmt. Den Ergebnissen dieser Überprüfung zufolge war Streptococcus mutans die einzige Art, die mit den Ergebnissen aus oralen Mikrobiom-Studien bei Erwachsenen übereinstimmte. Dies weist darauf hin, dass sich das orale Mikrobiom mit dem Lebensalter verändert.

Diese systematische Übersicht ist die erste, die auf Unterschiede der Zusammensetzung des oralen Mikrobioms bei Jugendlichen mit und ohne Zahnkaries hindeutet. Sie benennt bestimmte Taxa, die in dieser Altersgruppe mit einem erhöhten Kariesrisiko verbunden sein könnten. Es sind jedoch weitere Untersuchungen in großen Längsschnittstudien erforderlich, um die Qualität der Daten zu verbessern, die Entwicklung des oralen Mikrobioms im Jugendalter näher zu beleuchten und einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen Karies und oralem Mikrobiom zu ermitteln.

Veenman F, van Dijk A, Arredondo A, Medina-Gomez C, Wolvius E, Rivadeneira F, Àlvarez G, Blanc V, Kragt L. Oral microbiota of adolescents with dental caries: A systematic review. Arch Oral Biol. 2024 May;161:105933. doi: 10.1016/j.archoralbio.2024.105933. Epub 2024 Feb 27. PMID: 38447351.

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