„Wir müssen unsinnige Dinge abstellen!“
Neben der Entlastung pflegender Angehöriger steht der effizientere Ressourceneinsatz bei Pflegenden im Vordergrund, heißt es in ihrem gestern vorgestellten Zwölf-Punkte-Plan. Moll: „Es geht nicht immer darum, das Rad neu zu erfinden, sondern unsinnige Dinge abzustellen. Es ist doch Wahnsinn, wenn beispielsweise fünf verschiedene Pflegedienste das gleiche Wohnhaus anfahren. Da brauchen wir bessere Anreize, dass sich Pflegedienste auf bestimmte Gebiete fokussieren und Menschen mit Pflegebedarf auch diesen Dienst beauftragen. Anderseits gibt es Straßen, die gar nicht angefahren werden - nur weil es dort keine freien Parkplätze gibt. Das sind doch Dinge, die man sofort abstellen kann.“
Zu den Vorschlägen gehört auch eine kompetenzorientierte Arbeitsteilung zwischen der Pflegehilfskraft, der Assistenz- und Pflegefachkraft und der akademisierten Pflegekraft. Ebenso die Prüfung, welche Leistungen von anderen Berufsgruppen wie Ergo- oder Physiotherapeuten übernommen werden können. Ehrenamtliche Strukturen und die Nachbarschaftshilfe könnten ebenfalls einbezogen werden.
Vorgeschlagen wird zudem eine zeiteffektive Tourenplanung von Pflegediensten, etwa durch KI-Unterstützung, durch an die Telematikinfrastruktur anschlussfähige Kommunikationsstrukturen und durch differenzierte Zugriffsrechte auf die elektronische Patientenakte. Auch eine Entbürokratisierung der Pflegedokumentation sei denkbar. Und für unterversorgte Regionen könnten mehr Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Pflegediensten greifen, um einen effizienten Einsatz der Pflegekräfte zu ermöglichen.
Großzügiger gehandhabt werden sollten auch Parksituationen: Pflegedienste lehnen demnach oft Kunden ab, wenn sie in einer Region wohnen, wo man nicht parken kann. Besondere Parkzonen oder Gebührenausnahmen könnten die Kommunen heute schon erteilen, so der Vorschlag. Gefordert werden einheitliche Sonderparkrechte für Pflegedienste.
Moll schlägt außerdem vor, die Pflegebedarfsplanung auszubauen, die Kompetenz von Pflegekräften zu stärken und die Pflegeassistenzausbildung einheitlich zu regeln. Dazu solle eine bundeseinheitliche, einjährige Pflegeassistenzausbildung greifen. Arztvorbehalte sollten auf das Wesentliche reduziert werden. Auch soll ausländisches Pflegepersonal rascher Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Und die Prävention zur Verhinderung oder Verzögerung von Pflegebedürftigkeit sollte gestärkt werden.
Auf die prekäre Situation der Pflege machten auch Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, und Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, aufmerksam. In Interviews mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ, 26. November 2023) verwiesen sie auf einen drohenden Pflegenotstand als volkswirtschaftlichem „Mega-Problem“. Wenn die Generation der Babyboomer in das pflegebedürftige Alter komme, drohe das ganze Pflegesystem in sich zusammenzubrechen.
Beim Thema Mundgesundheit und Pflege arbeitet die Bundeszahnärztekammer eng mit dem Deutschen Pflegerat zusammen. Gemeinsam haben sie ein Schnittstellenpapier zur Verbesserung der Versorgung erarbeitet, das morgen der Fachöffentlichkeit vorgestellt wird.