Aufbau primärqualifizierend-dualer Studiengänge

Wissenschaftsrat empfiehlt stärkere Akademisierung der Gesundheitsberufe

pr
Zu einer stärkeren Akademisierung der Gesundheitsberufe rät der Wissenschaftsrat (WR). Neben den Hebammen sollte bis zu 20 Prozent des Gesundheitsfachpersonals akademisch ausgebildet sein.

Der Wissenschaftsrat (WR) spricht sich in dem knapp 160 Seiten starken Papier „Perspektiven für die Weiterentwicklung der Gesundheitsfachberufe. Wissenschaftliche Potenziale für die Gesundheitsversorgung erkennen und nutzen“ für eine vermehrte wissenschaftliche Qualifikation aus. Neben der Vollakademisierung der Hebammen sollten künftig bis zu 20 Prozent der weiteren Angehörigen der Gesundheitsfachberufe akademisch ausgebildet sein. Dabei solle der Fokus weiterhin auf den Auf- und Ausbau primärqualifizierend-dualer Studiengänge gerichtet sein.

In Zentren die vorhandene Expertise zusammenführen

Als wichtige Maßnahme empfiehlt das Gremium die Einrichtung und Förderung von Zentren für Forschung, Lehre und Versorgungssteuerung, die die vorhandene Expertise zusammenführen und stärken. Außerdem sollten die Gesundheitsfachberufe stärker institutionell an den Universitäten verankert werden, heißt es in dem Papier. Der Ausbau der Forschung und die Ausbildung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in frühen Karrierephasen seien dabei wesentliche Voraussetzungen, um auch das Studienangebot auszubauen.

Die Attraktivität der Studiengänge soll nach den Vorstellungen des Rates steigen, beispielsweise durch eine Vergütung der Praxiseinsätze im Pflegestudium – analog zur bereits bestehenden Vergütung in der nichtakademischen Ausbildung. Gleichzeitig seien besondere Anstrengungen notwendig, um den Übergang in die Berufspraxis erfolgreich zu gestalten. Wichtig sei es, berufliche Zielpositionen für hochschulisch qualifizierte Gesundheitsfachpersonen mit Bachelor-, Master- und Promotionsabschluss zu entwickeln und dadurch Karrierewege in Versorgung und Wissenschaft aufzuzeigen.

Der Wissenschaftsrat weist auf die schon jetzt gravierende Personalsituation in manchen Bereichen hin. So führe die mangelnde pflegerische Versorgung kritischer Bereiche in manchen Kliniken bis hin zu deren Schließung. Zugleich hätten erhöhte Zuweisungen aus Pflegeheimen in Notaufnahmen eine Überlastung der Notfallambulanzen zur Folge. Auch drohe eine Unterversorgung mit Gesundheitsleistungen in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten.

„Wenn wir unsere Gesundheitsversorgung auf dem heutigen Niveau halten und möglichst verbessern wollen, brauchen wir attraktive Gesundheitsfachberufe mit einer größeren Autonomie und Entscheidungskompetenz, wie es in vielen Ländern außerhalb Deutschlands bereits üblich ist,“ erklärt der WR-Vorsitzende Wolfgang Wick. Um die dringend benötigten hochschulisch qualifizierten Kräfte auszubilden, müssten sich die dahinterstehenden wissenschaftlichen Disziplinen weiterentwickeln. Dafür müssten entsprechende Voraussetzungen rasch geschaffen werden, betont er.

Synergien zwischen dem Uni- und dem berufsfachschulischen Weg

So empfiehlt der WR in der Pflege, dass man dort prospektiv eine Akademisierungsquote von 20 Prozent erreichen sollte. Bislang liege die Akademisierungsquote dort mit 2,5 Prozent noch deutlich unter den WR-Empfehlungen von 2012. Zudem seien derzeit die primärqualifizierend-dualen Bachelor-Studiengänge mit einer Auslastung von durchschnittlich 50 Prozent nicht gut nachgefragt. Hier seien erhebliche Anstrengungen notwendig, um die Nachfrage insbesondere in den primärqualifizierend-dualen Studiengängen zu erhöhen und den Ausbau weiterer Studiengänge voranzubringen.

Für die Bachelor-Studiengänge in den Therapieberufen (Physio- und Ergotherapie und Logopädie/Sprachtherapie) empfiehlt der WR, den Ausbau der Studiengänge auf eine Größenordnung von zehn bis 20 Prozent zu richten. Die Studiengänge befänden sich seit 2009 in einer andauernden Modellphase. Die damit verbundenen Planungsunsicherheiten hätten zu einem erkennbaren Stillstand beim Aufbau der Studiengänge geführt.

Die weitere Entwicklung der Gesundheitsfachberufe sollte nach den Vorstellungen des WR so gestaltet werden, dass sich Synergieeffekte zwischen dem hochschulischen und dem berufsfachschulischen Qualifizierungsweg erzielen lassen und Zielkonflikte vermieden werden.

Wissenschaftsrat (2023): Perspektiven für die Weiterentwicklung der Gesundheitsfachberufe | Wissenschaftliche Potenziale für die Gesundheitsversorgung erkennen und nutzen; Köln. doi.org/10.57674/6exf-am35

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