Zähne sind lebende Fossilien!
Diese Speicherung von Gesundheitsinformationen reicht bis in die Gebärmutter zurück und verbindet die Gesundheit der Mutter mit der des Kindes. Selbst nach Hunderten von Jahren können die Zähne der Kinder Auskunft über den Gesundheitszustand der Mutter während der Schwangerschaft geben.
Dentinschichten wie Jahresringe eines Baums
Dentin bildet bekanntlich mikroskopisch kleine Schichten, die mit den Ringen eines Baums vergleichbar sind. Eine ausreichende Bildung dieser Schichten hängt vom Vitamin D ab. Dunkle Streifen entstehen in Zeiten, in denen dem Körper der kritische Nährstoff entzogen wird – normalerweise aufgrund eines Mangels an Sonnenlicht.
Die WissenschaftlerInnen um die Anthropologin Megan Brickley stellten nun fest, dass solche mikroskopischen Defekte bestehen bleiben und später abgelesen werden können – so wie ein Baumstamm mit seinen Ringen gutes und schlechtes Wachstum bezeugen kann. Da Zähne nicht so schnell zerfallen wie Fleisch und Knochen, können sie diese Informationen Hunderte von Jahren post mortem abspeichern.
Kinderzahn kann über Gesundheit der Mutter Auskunft geben
In Kombination mit anderen Daten, so Brickley, können diese Dentinmuster Erkenntnissen über frühere Lebensbedingungen liefern, beispielsweise über gesundheitliche Auswirkungen von schlechten Lichtverhältnissen. Zähne sind "lebende Fossilien", sagt Brickley. "Es ist vorstellbar, den Backenzahn eines jeden zu entfernen und seine Gesundheit mit den Befunden im Zahn zu vergleichen."
Nicht nur über den aktuellen Gesundheitszustand eines Menschen können die Zähne Auskunft geben. Da die "Aufzeichnungen" bereits bei der Zahnbildung im fetalen Stadium beginnen – die Zahnanlagen für die bleibenden Backenzähne werden ebenfalls im Mutterleib gelegt – können die Zähne des Kindes Aussagen über die Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft treffen.
200 Jahre alte Zähne bezeugen Vitamin D-Mangel
Die ForscherInnen untersuchten moderne und archäologische Zahnproben, darunter Zähne von zwei Skeletten aus Quebec aus dem 19. Jahrhundert – eines von einem dreijährigen Mädchen, das als Kleinkind Rachitis überlebt hatte, und eines von einem jungen Mann. Der nicht abgesenkte Backenzahn des Kindes zeigte, dass ihre Mutter während der Schwangerschaft unter Vitamin-D-Mangel gelitten hatte – ein möglicher Hinweis auf den frühen Tod des Kindes. Der Backenzahn des jungen Mannes zeigte auch, dass seine Mutter an Vitamin-D-Mangel gelitten hatte, was die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Gesundheit seiner Mutter und seinem frühen Tod erhöhte.
Zu dieser Zeit, erklärte Brickley, waren die Menschen, insbesondere schwangere Frauen nur sehr wenig der Sonne ausgesetzt. Ihnen war noch nicht klar, wie wichtig Sonnenlicht oder Ersatzquellen für Vitamin D für eine gute Gesundheit sind.
Megan B. Brickley, Bonnie Kahlon, Lori D'Ortenzio: Using teeth as tools: Investigating the mother–infant dyad and developmental origins of health and disease hypothesis using vitamin D deficiency. First published 11 November 2019. DOI: doi.org/10.1002/ajpa.23947