Zähne verraten den Speiseplan des frühen Homo sapiens
Obwohl es Hinweise darauf gibt, dass in den Regenwaldregionen Südostasiens beheimatet war, ist wenig bekannt darüber, wovon er sich ernährte und wie er sich an diesen Lebensraum angepasst hat – denn organisches Material aus diesen Regionen ist häufig nur unzureichend erhalten.
Allerdings gibt es immer mehr Belege dafür, dass sich der Mensch an die tropischen Regenwälder Südostasiens angepasst und dort gelebt hat. Einige Wissenschaftler vermuten sogar, dass Menschenarten wie Homo erectus und Homo floresiensis in der Vergangenheit ausgestorben sind, weil sie sich nicht wie unsere Spezies an diesen Lebensraum anpassen konnten. Doch nach wie vor weiß man sehr wenig über ihre Anpassung an ihre Umwelt und darüber, was sie gegessen haben.
Zinkisotopen verraten den Speiseplan
In dieser Studie wurden nun die stabilen Isotopenverhältnisse von Zink aus tierischen und menschlichen Zähnen von zwei archäologischen Fundstätten in der Provinz Huà Pan in Laos: Tam Pà Ling und der nahe gelegenen Fundstätte Nam Lot untersucht.
Insbesondere die Stickstoffisotopen-Analyse kann Aufschluss darüber geben, ob sich die Menschen in der Vergangenheit von Tieren oder Pflanzen ernährt haben. Das in Knochen und Zähnen enthaltene Protein Kollagen, das für diese Analysen benötigt wird, ist jedoch langfristig schwer erhaltungsfähig, was sich insbesondere in tropischen Regionen wie Laos als problematisch erweist.
„Mithilfe neuer Methoden – wie der Analyse von Zinkisotopen aus dem hochmineralisierten Zahnschmelz – können wir diese Einschränkungen nun überwinden und Zähne aus Regionen und Zeiträumen untersuchen, die uns bisher verschlossen blieben“, sagt Studienleiter Thomas Tütken, Professor am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Anhand stabiler Zinkisotopen-Verhältnisse können wir Zähne aus Tam Pà Ling untersuchen und erfahren, welche Art von Nahrung unsere frühesten Vorfahren in dieser Region konsumiert haben.“
Der im Rahmen der Studie untersuchte fossile Mensch stammt aus dem Spätpleistozän, aus der Zeit vor 46.000 bis 63.000 Jahren.
Nicht nur Fleisch, auch Pflanzen kamen auf den Tisch
So deuten die Zinkisotopen-Werte des fossilen Homo sapiens von Tam Pà Ling darauf hin, dass er sich sowohl von Pflanzen als auch Tieren ernährt hat. Mit seiner omnivoren Ernährungsweise unterscheidet er sich so von den meisten zur selben Zeit in anderen Regionen der Welt lebenden Menschen, die sich durchweg fleischreich ernährt haben, wie anhand von Stickstoffisotopen-Analysen festgestellt wurde.
„Eine andere Art der Analyse, die in dieser Studie durchgeführt wurde – die Analyse stabiler Kohlenstoffisotope – zeigt darüber hinaus, dass die verzehrte Nahrung ausschließlich aus bewaldeten Umgebungen stammte“, sagt Élise Dufour, Forscherin am Muséum national d’histoire naturelle in Paris. „Die Ergebnisse sind der älteste direkte Beleg dafür, welcher Ernährungsstrategie Menschen des späten Pleistozäns gefolgt sind, um in tropischen Regenwäldern zu überleben.“
Der frühe Homo sapiens lebte nicht nur in der Steppe
Bisher brachte man den frühen Homo sapiens häufig mit weiträumigen und offenen Lebensräumen wie Savannen oder kalten Steppen in Verbindung. Diese Studie zeigt jedoch, dass er sich an ganz unterschiedliche Umgebungen anpassen konnte.
Die Ergebnisse der Zink- und Kohlenstoffisotopen-Analysen deuten auf eine Mischung spezialisierter Anpassungsstrategien an tropische Regenwälder hin, die auch an anderen archäologischen Fundstätten in Südostasien beobachtet wurden.
Nicolas Bourgon et al., Trophic ecology of a Late Pleistocene early modern human from tropical Southeast Asia inferred from zinc isotopes, Journal of Human Evolution, 14 October 2021,https://doi.org/10.1016/j.jhevol.2021.103075