Urteil des Amtsgerichts München

Zahnbehandlungsvertrag per Mausklick nur in einem Fall wirksam

Martin Wortmann
Recht
Ein Zahnbehandlungsvertrag per Mausklick ist nur dann gültig, wenn nachweisbar die Patientin selbst auf die Maustaste gedrückt hat, entschied das Amtsgericht München in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil.

Die Patientin aus München interessierte sich für die Aligner-Behandlung eines Schiefstands im Unterkiefer. Für eine Voruntersuchung suchte sie eine Zahnklinik des Online-Anbieters auf. Wenige Tage später erhielt sie eine E-Mail mit einem Link zu ihrem Behandlungsplan.

Um eine Zweitmeinung zu bekommen, schickte die Patientin die Mail an eine befreundete Zahnärztin weiter – die in Brasilien lebt und kein Deutsch spricht. Beim Durchklicken durch die Unterlagen geriet die Freundin auch zu dem Button „Jetzt zahlungspflichtig bestellen“. Wohl ohne diese Worte zu verstehen, klickte sie den Button. Wenige Tage später erhielt die Patientin von dem Anbieter eine Rechnung über 1.790 Euro.

Klickender Nutzer musste sich nicht authentifizieren

Die Patientin widersprach sofort und bezahlte auch nach einer Mahnung die Rechnung nicht. Der Anbieter war überzeugt, die Patientin müsse selbst auf den Bestellbutton geklickt haben und beauftragte einen Inkassodienstleister mit dem Eintreiben des Geldes.

Dessen Klage blieb jedoch ohne Erfolg. „Der Abschluss eines Behandlungsvertrags mit der Beklagten (Patientin) ist bereits nicht hinreichend dargetan“, so das Amtsgericht lapidar zur Begründung. Weder sei nachgewiesen, dass die IP-Adresse bei der Bestellung der Patientin zuzuordnen sei, noch habe sich die Patientin „in irgendeiner Weise authentifiziert“.

Gericht sieht kein konkludentes Verhalten

Auch durch „konkludentes Verhalten“ sei ein Vertrag nicht zustande gekommen. Dass Verbraucher sich vorab informieren und für den Erhalt weiterer Informationen auch ihre Daten preisgeben, sei üblich und deute gerade nicht auf einen gefestigten Willen zum Vertragsschluss hin. Und schließlich habe die brasilianische Freundin auch nicht als Vertreterin gehandelt, weil sie dafür keine Vollmacht gehabt habe.

Dass die Patientin die Mail an eine nicht deutschsprechende Bekannte weitergeleitet hatte, sei ihr nicht vorzuwerfen. Denn aus dem Betreff „Hier ist dein Behandlungsplan“ sei nicht erkennbar gewesen, dass dies letztlich zu einem Bestellbutton führt.

Schon die zweite Schlappe für DrSmile?

Der in der Urteilsbegründung anonymisiert Anbieter hatte offenbar kein Interesse an einer ober- oder gar höchstrichterlichen Entscheidung. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt, so dass das Urteil des Amtsgerichts inzwischen rechtskräftig ist.

Amtsgericht München
Az.: 231 C 18392/24
Urteil vom 23.Oktober 2024

Bereits 2023 hatte das Amtsgericht Wuppertal (Az.: 39 C 33/22, Urteil vom 24. Mai 2023) zum Aligneranbieter DrSmile entschieden, dass für den hier telefonisch angebahnten und dann per E-Mail abgeschlossenen Behandlungsvertrag die im Fernabsatz übliche Widerrufsfrist von zwei Wochen gilt. Dass die Patientin auch hier vorher eine Praxis aufgesucht hatte, ändere daran nichts. Auch die Ausnahme für vorgefertigte Waren greife hier nicht, betonten die Richter damals.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.